EHDV: Ist das neue Virus so gefährlich wie das Blauzungen-Virus?
Das EHD Virus breitet sich immer weiter in Europa aus und befällt vor allem Rinder. Was die Krankheit ausmacht und wie Landwirte sich zukünftig schützen können:
Es breitet sich immer weiter aus und besitzt eine zum Verwechseln ähnliche Symptomatik zum Blauzungenvirus. Beide Viren werden über die gleichen Gnitzen (Culicoides) verbreitet. Dabei befällt die Epizootische hämorrhagische Krankheit (EHDV oder EHD-Virus) vor allem Rinder.
Experten sind sich allerdings einig, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bevor das Virus auch bei uns in Erscheinung tritt. Landwirte und Tierärzte sollten sich schon heute mit dem Virus, seiner Symptomatik und Bekämpfungsstrategien beschäftigen.
Was ist die Epizootische hämorrhagische Krankheit?
Grundsätzlich sind die gleichen Tierarten wie beim Blauzungenvirus (BTV) gefährdet. Hauptwirte sind wildlebende Wiederkäuer in Europa, dazu gehören Hirsche und Rehe. Aber auch Nutztiere wie Rinder, Schafe und Ziegen sind für das Virus anfällig. Letztere erkranken Studien zufolge eher subklinisch. Trotzdem spielen aber eine Rolle in der Verbreitung des Virus, da Gnitzen das Virus von ihnen aus weiterverbreiten können. Ähnlich wie bei BTV können verschiedene Serotypen die Krankheit auslösen. Bei EHDV existieren zur Zeit sieben (1, 2, 4, 5, 6, 7, 8).

Übertragung: Aus Tunesien über Italien und Frankreich
Das Virus kommt in Nordamerika, der Türkei und Nordafrika vor. Es wird angenommen, dass es sich durch Windverwehungen von Gnitzen von Tunesien nach Europa ausgebreitet hat. Im Jahr 2022 konnte es auf Sardinien und Sizilien in Italien, sowie in Spanien nachgewiesen werden. Anschließend breitete sich bis nach Portugal aus.
Warme, sommerliche Bedingungen begünstigten das Wachstum und die Verbreitung der Gnitzen und damit die Ausbreitung des Virus. Nach Norden breitete es sich langsamer aus, konnte aber bereits im Westen Frankreichs vielerorts nachgewiesen werden. Mittlerweile sind auch erste Fälle aus der Mitte Frankreichs bekannt.
Kommt das neue EHD-Virus nach Deutschland?
Von hier sind es nur noch 400 km bis zu deutschen Städten wie Saarbrücken oder Freiburg im Breisgau. Diese vermeintlich hohe Distanz birgt eine falsche Sicherheit. Im vergangenen Jahr konnten Tierhalter anhand des BTV-Infektionsgeschehen sehen, wie ein Virus in wenigen Wochen über 600 km überwand und sich durch ganz Deutschland verbreitete.
So bemisst das FLI das Risiko
Nicht verwunderlich, denn die Gnitzen können bei starkem Wind bis zu 100 km weit verweht werden. Und können täglich eine Distanz von 5 km in Eigenleistung zurücklegen. Eine aktuelle Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Institus vom 15. Mai schätzt das Risiko für eine Verbreitung der Viren EHDV und BTV in den Monaten Mai bis Oktober als hoch ein.

Symptome zum Verwechseln ähnlich zum Blauzungenvirus
Alleine anhand der auftretenden Symptome ist EHDV nur sehr schwer von BTV zu unterscheiden. Der momentan auftretende Serotyp-8 ist vor allem für Rinder pathogen. Dabei liegt die Morbidität bei ca. 10 % und die Mortalität bei ungefähr 1 %. Die Inkubationszeit liegt bei 2-10 Tagen (5 Tage im Durchschnitt). Für die Diagnose schwierig: Die auftretenden Symptome sind sehr variabel und unspezifisch.
Das Friedrich-Loeffler-Institut schließt seine aktuelle Risikobewertung mit der Zusammenfassung ab, dass das Infektionsgeschehen von BTV und EHDV „zu erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden bei
Rindern, Schafen und Ziegen“ führt.
EHDV – das sind die Symptome:
EHDV kann sich in folgenden Symptomen äußern:
- langsame Bewegungen, Lahmheit
- Appetitlosigkeit und Lethargie
- Entzündungen und Schwellungen am Bewegungsapparat
- Fieber
- Entzündungen an den Zitzen
- Verstärkter und verfärbter Ausfluss aus Augen und Nase
- Entzündungen und Geschwüre im Maul
- Verringerte Milchproduktion
Zu den schwerwiegenden, auftretenden Komplikationen gehören:
- Nierenversagen
- Hypocalcämie (starker Kalziummangel)
- Ausschuhen
Die Krankheit führt zu hohen wirtschaftlichen Verlusten bei Kühen, insbesondere Milchrindern. Bedingt durch die reduzierte Milchproduktion und einen allgemeinen Leistungsabfall.

Gefahr von Verwechslung mit anderen Krankheiten
Durch diese recht unspezifischen Symptome kann die Epizootische hämorrhagische Krankheit in der ersten Diagnose leicht mit diversen anderen Erkrankungen verwechselt werden:
- Blauzungenvirus (BTV)
- Maul- und Klauenseuche
- Infektiöse bovine Rhinotracheitis (BHV1)
- Bovine Virusdiarrhöe/Mucosal Disease (BVD)
- Bösartiges Kararrhalfieber (OHV2)
Deshalb ist es für eine korrekte Diagnose entscheidend die betroffenen Tiere zu testen. Mittlerweile stehen hierfür sowohl aktive, als auch passive Test zur Verfügung. Auf der aktiven Seite können PCR-Tests durchgeführt werden. Das hat den Vorteil, dass der Serotyp direkt ermittelt wird.
Als passive Tests steht der ELISA-Test zur Verfügung. Hier wird allerdings nur das Virus insgesamt nachgewiesen und nicht der Serotyp. Virus-Neutralisationstests hingegen können den Serotyp ermitteln.

Prävention von EHDV: Erster Impfstoff verfügbar
Zur Prävention werden Insektizide zur Gnitzenbekämpfung und das Halten der Rinder in geschützten Bereichen empfohlen. Diese direkte Bekämpfung erweist sich allerdings in der Praxis immer wieder als sehr schwierig ist. Daher bleibt nur eine Impfung um die Tierbestände abzusichern. Ein erster Impfstoff gegen EHDV wurde im April 2025 von der EU zugelassen. Bisher wird angenommen, dass der Impfstoff Serotyp-spezifisch ist. Also nur bei dem entsprechendem Serotyp Schutz bietet.
In Frankreich wurde ein „Impfgürtel“ eingerichtet, um die Ausbreitung von EHDV einzudämmen. Dieser reicht von Norden nach Süden in der Mitte Frankreichs und ist über 100 km breit. Hier fördert die französische Regierung die Impfung, um so die Ausbreitung zu stoppen bzw. zu verlangsamen.
In Belgien wurde sogar eine Impfpflicht für Milch- und Fleischrinder seit Anfang des Jahres bis September eingeführt. In beiden Ländern galt zuvor eine Notfallzulassung für den Impfstoff. Der neue Impfstoff „Hepizovac“ gegen EHDV wird ab Herbst in Deutschland und Österreich verfügbar sein.
Erstellt mit Material vom Friedrich-Loeffler-Institut und CEVA Tiergesundheit.

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