Rhinmilch in Fehrbellin setzt weiter auf Milchkühe
Es gibt noch Milchkühe in Brandenburg: Geschäftsführer Steven Gerloff will die Produktion der Rhinmilch in Fehrbellin neu aufstellen und setzt auf Melkroboter, Wasserbetten und genomische Zuchtwerte.
Generationenwechsel in der Rhinmilch GmbH in Fehrbellin, Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg): Die Agrargesellschaft verfügt über eine Milchviehanlage, wo einst 1.930 Kühe Platz fanden. Solche Stallungen wurden in den 1970er-Jahren an vielen Orten in der DDR geschaffen. Seit Anfang 2024 lenkt Steven Gerloff den Betrieb, die 1930er MVA, die 1976 als zwischenbetriebliche Einrichtung in Fehrbellin an den Start ging.
Auch interessant: Warum das Ökodorf Brodowin seine Milchviehhaltung aufgab
Rhinmilch: Milchleistung kontinuierlich gesteigert
Mit ihrer einstreulosen Aufstallung der Milchkühe im Laufstall, der Milchgewinnung im Melkkarussell mit 40 Plätzen und der stationären, teilautomatisierten Futterverteilung von Total-Misch-Rationen über Futterbänder verkörperten diese Anlagen damals weltweit den höchsten technischen Stand. Weil allerdings vor allem Kraftfutter knapp war, konnten je Tier und Jahr kaum mehr als 4.000 kg Milch erzeugt werden, 1990 waren es 4.297 kg.

Nach der politischen Wende und der Einheit Deutschlands änderte sich vieles, allerdings nicht nur materiell, sondern auch betrieblich. Nach einigem Hin und Her wurde die zwischenbetriebliche Anlage 1992 von der damaligen Agrargesellschaft Tarmow-Linum alleinig übernommen. Unter der Geschäftsführung des heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Hellmuth Riestock und dem langjährigen Anlagenleiter Eckehard Fuchs konnte man in den Folgejahren die Milchleistung deutlich steigern.
Verbesserte Grobfutterqualität nach der Zusammenlegung von Tier- und Pflanzenproduktion, die Möglichkeiten einer leistungsgerechten Fütterung durch den Zugriff auf Kraftfutter sowie die Umzüchtung des Schwarzbunten Milchrindes in Richtung Holstein-Frisian machten die Tiere leistungsstärker.
Rhinmilch: Erfolgreich mit Milch und Biogas
Im Jahr 2004 wurde erstmals die Milchleistung von 10.000 kg im Herdendurchschnitt erreicht. Die zunehmende Größe der Tiere machte es aber nötig, die Liegeflächen zu verbreitern und zu verlängern. Durch die Öffnung von Fenstern und Toren wurden mehr Licht und Luft in die Stallanlage gebracht. Zur weiteren Abfuhr der Wärme wurden in den vergangenen Jahren zusätzlich zur freien Lüftung Ventilatoren installiert. Durch all diese Maßnahmen konnte das Tierwohl deutlich verbessert werden.

Schon 2001 ging die erste Biogasanlage mit einer Leistung von 330 kW auf Grundlage der anfallenden Gülle in Betrieb. Das klimaschädliche Methan konnte somit wertsteigernd aufgefangen und zu Strom umgewandelt werden. In den folgenden Jahren wurde aufgrund immer weiter sinkender Agrar- und steigender Energiepreise die Anlage noch einmal um 1.048 kW erweitert.
Die Wärme wird im eigenen Unternehmen genutzt. Die anfallenden Gärreste werden über Rohrleitungen zu den Feldern geleitet und dort umweltschonend als Dünger ausgebracht. Energie wird auch neuerdings auf den Dächern der Milchviehanlage mit Photovoltaikanlagen erzeugt. Derzeit arbeitet man daran, das Biogas zu Biomethan aufzuarbeiten und zur Versorgungssicherheit in das Erdgasnetz einzuspeisen.
Guter Start ins Leben für Kälber
Besonderen Wert hat man auch auf die Verbesserung der Aufzuchtbedingungen gelegt. Weil man dafür mehr Platz brauchte, wurden zunächst für die trockenstehenden und abkalbenden Kühe im Außenbereich der Anlage neue Unterkünfte geschaffen. Den leer gewordenen Reproduktionsbereich in der Anlage baute man für die Kälberhaltung um.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Einzelboxen während der Kolostralmilchperiode kommen sie dort in großen mit Stroh eingestreuten Abteilen unter. Dort werden sie an Automaten mit Tränkmilch versorgt. Sie haben auch Zutritt zu einer speziellen Futtermischung und Tränkwasser.
Danach quartiert man sie in eine ehemalige Bergescheune um, wo sie weiterhin intensiv aufgezogen werden. Im Alter von vier Monaten kommen sie dann in die Nachbarorte Hakenberg und danach nach Tarmow unter. Im Alter von 14 bis 15 Monaten werden sie besamt und gelangen dann als hochtragende Färsen wieder in die Milchviehanlage nach Fehrbellin zurück.

Gesundheitsmonitoring mit Pansenbolus
Das durchschnittliche Erstkalbealter beträgt 24 Monate bei einem Gewicht von 600 kg. Die hochtragenden Färsen kommen ähnlich wie die trockenstehenden Kühe und die Frischabkalber in zwei separaten Anbauten der Milchviehanlage unter, wo sie viel Licht und Luft haben und gut betreut werden.
Da die Rhinmilch GmbH über ein Gesundheitsmonitoring verfügt, haben alle Kühe im Pansen einen Boli, der wichtige Daten wie Temperatur sowie Tränke- und Widerkauaktivität misst und an das Herdenmanagementsystem überträgt. Zehn Stunden vor dem Kalben schlägt er Alarm. Die betroffenen Kühe werden dann in separate Buchten umquartiert und unter besondere Kontrolle gestellt.
Nach der Geburt werden die Kälber entsprechend versorgt, erhalten unverzüglich Kolostralmilch und kommen dann ins Kälberabteil. Wenn sich die Kühe vom Abkalben erholt haben und fit sind, kommen sie in den großen Milchviehstall zu den laktierenden Kühen. Dort sind alle in großen Gruppen zusammengestellt.

Milchkühe: Erfassung der Einzeltier-Leistung
Zum Melken gelangen die Kühe über einen breiten Treibegang und danach wieder zurück in ihre Abteile. Weil das alte Melkkarussell verschlissen war, wurde es 2002 durch einen Side-by-Side-Melkstand mit 2 x 34 Plätzen ersetzt. Ein Teil der Technik befindet sich im Kellergeschoss, wodurch es im Melkstand sehr ruhig ist. Durch die elektronische Kennzeichnung der Kühe mittels Transponder hat man einen guten Überblick über jedes Einzeltier und dessen Leistung.
Was die Fütterung betrifft, hat man außer der Rationsgestaltung am alten System wenig verändert. Schließlich hatte sich die Bandfütterung bewährt. Die weithin sichtbaren Hochsilos wurden allerdings bald stillgelegt und abgerissen. Dafür baute man große Flachsilos, wo das Erntegut schnell eingelagert und verlustarm konserviert werden kann.
Grassilage von besten Aufwüchsen
Wichtigstes Grundfutter sind Mais- und Grassilagen. Weil man über reichlich Grünland verfügt, legt man großen Wert auf hochwertige Grassilagen. Damit dies gelingt, wird der Wiesenaufwuchs bei der Rhinmilch GmbH unter Kontrolle gehalten. Beim ersten Schnitt soll der Aufwuchs je Kilogramm Trockenmasse 6,8 NEL und 180 g Rohprotein enthalten sowie 21 % Rohfaser aufweisen. Anstelle von Silomais können dadurch mehr Körnermais, Getreide, Raps und auch Luzerne angebaut werden.

So konnte man den Zukauf von Kraftfutter einschränken. Die Ration für die laktierenden Kühe setzt sich neben Gras- und Maissilage aus Mais- und Rapsschrot sowie Schlempe und Getreideschrot zusammen. Hinzu kommt noch ein abgestimmtes Mineralstoffgemisch. Weil die Kühe eine relativ einheitliche Genetik aufweisen, erhalten alle laktierenden Tiere möglichst immer die gleiche Ration.
Das erspart die Bereitung von unterschiedlichen Rationen und auch ein Umstellen der Kühe nach Leistungsgruppen. Sie fressen sozusagen nach Leistung. Die Trockensteher, die in einem gesonderten Stallabteil untergebracht sind, erhalten einen Teil der Grundration, die dann mit gehäckseltem Stroh nährstoffärmer wird, aber über deutlich mehr Fasern verfügt. Durch diese Maßnahme erspart man sich auch eine zweite Futtermischanlage. Das Futter gelangt über die Mischanlage in den Stall und wird dort über hochverlegte Bänder in die Krippen zu den Kühen gebracht.

Junger Geschäftsführer will weiter voran
Derzeit werden 1.600 Milchkühe gehalten. Sie kamen im vergangenen Jahr auf eine durchschnittliche Milchleistung von 11.950 kg mit 3,80 % Fett und 3,48 % Eiweiß. Insgesamt lieferte man über 18 Mio. kg Milch an die Molkerei. Damit gehört das Unternehmen zu den leistungsstärksten Milchviehbetrieben in Brandenburg.
Wie es weitergehen soll, darüber informierte Steven Gerloff, der seit dem 1. Januar 2024 Geschäftsführer der Milchviehanlage ist. Er hat an der Hochschule in Neubrandenburg Agrarwirtschaft studiert und kam 2019 nach Fehrbellin, wo er seine Masterarbeit zum Thema „Wirtschaftlichkeit von Melkrobotern in einer 1930er MVA“ schrieb.
Dort war er in verschiedenen Bereichen tätig und sah sich auch in anderen Milchviehbetrieben um. So hat er Erfahrungen sammeln können und sieht nun auch Reserven in der großen Milchviehanlage in Fehrbellin. Dort ist nun bald die Melktechnik zu erneuern. Da schwört er auf Melkroboter. Das macht aber weitere Umbaumaßnahmen erforderlich und kostet Geld.

Milchkühe: Stallumbau geplant
Auch an den Stallausrüstungen ist so manches zu verändern. Das betrifft sowohl die Liegeboxen als auch die Laufgänge. So hat sich gezeigt, dass die Milchkühe gern und damit länger auf Wasserbetten ruhen. Die Laufgänge müssen bald mit neuen Spaltenböden ausgestattet werden. Dazu ist man noch auf der Suche nach einer guten Struktur.
Und auch die Lüftung ist weiter zu verbessern, um in den heißen Sommermonaten den Hitzestress zu mindern. Da lässt sich mit spezieller Technik und größeren Öffnungen in den Dachflächen noch so manches regeln.

Fokus auf Genetik durch KuhVision
Mit weniger hohen Kosten ist die Verbesserung der Genetik verbunden. Da nutzt Gerloff das Zuchtprogramm KuhVision. Grundlage dafür bietet die Stanzprobe beim Einziehen der Ohrmarke. Diese wird ins Labor geschickt, um den genomischen Zuchtwert zu ermitteln. An den Ergebnissen lassen sich Vergleiche mit den eigenen besten Kühen anstellen und entsprechend geeignete Tiere für die Nachzucht ermitteln.
In der Rhinmilch GmbH strebt man mittelgroße, langlebige und fruchtbare Milchkühe mit hohem Futteraufnahmevermögen und guter Leistung an. Ziel im Unternehmen ist es, bald die Tierwohlstufe III zu erreichen. Es zeigt sich: Wer wie die Rhinmilch GmbH stets nach Neuem Ausschau hält und das Passende im eigenen Betrieb umsetzt, ist für die Zukunft gerüstet.

Unsere Top-Themen
- Der kleine Bauer Lindemann
- Brunnen brauchen gute Filter
- Effizient und nachhaltig füttern
- Märkte und Preise
Informiert sein

Fachliche Qualität – jetzt digital mit dem gratis Upgrade!
Sie sind bereits Abonnent:in der gedruckten Bauernzeitung und möchten die aktuelle Ausgabe zusätzlich auf Ihrem Smartphone, Tablet oder in der Browseransicht lesen? Erweitern Sie einfach Ihr Abonnement:
- Jetzt ein Jahr kostenlos upgraden
- Zuverlässig donnerstags lesen
- Offline-Modus: E-Paper auch ohne Internetzugang lesen
- Lesemodus nutzen, Artikel speichern, Suchfunktion
- Zugriff auf das Ausgaben-Archiv
Die Bauernzeitung jetzt digital lesen – immer und überall!