80 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges

Friedenstreck: Mit der Kutsche von Brandenburg nach Jerusalem

Das Pferdegespann von Ines Witter, hier zusammen mit Pfarrer und Organisator Helmut Kautz (m.) sowie Bernd Schulz (r.) machte sich am 6. Mai als eines von sechs Kutschen auf den Weg nach Jerusalem. © Sabine Rübensaat
News

80 Jahre nach Kriegsende: Sechs Kutschen starten als Friedenstreck am 6. Mai in Brück (Brandenburg) ihre 4.800 km lange Reise nach Jerusalem. 240 Tage, 11 Länder – ein ungewöhnliches Friedensprojekt mit tiefgründiger Botschaft. Mehr über die Menschen und ihre bewegende Mission:

Artikel teilen

Am 6. Mai startete in Brück (Brandenburg) der Friedensglocken-Pferdetreck 2025. Sechs Kutschen, begleitet von einem motorisierten Fahrzeugtross, insgesamt 30 Frauen und Männer, wollen in 240 Tagen 4.800 km durch 11 Länder reisen, um eine Glocke mit der Inschrift „Jaget dem Frieden nach mit jedermann“ (einem Bibelzitat), gefertigt aus Militärschrott, zu einer interreligiösen Schule in Jerusalem zu bringen – als Symbol der Versöhnung und des Friedens.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Datawrapper. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Am 7. Mai macht der Friedenstreck Station in der Staatskanzlei in Potsdam. Am 8. Mai – genau 80 Jahre nach Kriegsende – findet die feierliche Sendung des Friedensglocken-Pferdetrecks nach Jerusalem um 12 Uhr in Berlin am Brandenburger Tor statt.

Auftaktveranstaltung in Chemnitz mit Helmut Kunkel
Der Wagen mit der Friedensglocke in Chemnitz mit Organisator Helmut Kunkel (rotes Hemd) © Friedensglocken e.V.

Friedenstreck 2025: Wer sind die Menschen, die mit Planwagen nach Jerusalem reisen?

Frieden – mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden heißt zugleich: respektvolles Zusammenleben ohne Hass, Ausgrenzung, Vormachtstreben, heißt auch Versöhnung. Mit dieser Botschaft reist der Friedenstreck durch Europa und den Nahen Osten. Eine Glocke mit sich führend, auf Dialog und bereichernde Begegnungen hoffend, gewillt, sich Unerwartetem zu stellen. Mehr über Hintergründe, Motivationen, Vorbereitung und die Menschen hinter der anspruchsvollen Challenge:

Der Spiritus rector 

Er ist der Frontmann des Projektes: Helmut Kautz, Prior des Stifts Marienfließ in der Prignitz, Vorsitzender des Vereins Friedensglocken e.V.:

Pfarrer und Organisator Helmut Kautz
Pfarrer und Organisator Helmut Kautz © Sabine Rübensaat

„2018 hat sich unser Verein gegründet, ein Jahr darauf sind wir mit Planwagen vom brandenburgischen Brück ins russische Weliki Nowgorod aufgebrochen. Und erinnern sehr emotionale, bereichernde Begegnungen.

Nun wollen wir ein weiteres Zeichen der Versöhnung setzen. Wir glauben an die Kraft des Dialogs mit den Menschen, die wir treffen, an eine symbolische Friedensbotschaft, verkörpert durch die Glocke, die wir mit uns führen, durch unser Friedensbrot.

Die Streckenführung verläuft durch Konfliktgebiete, durch Syrien, den Libanon. Insbesondere nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 und alles damit Zusammenhängende hat unser Projekt eine politische Dimension angenommen, die nicht jeder teilt. Mancher hat die Teilnahme zurückgezogen. Niemand soll in Gefahr gebracht werden. Dafür haben wir Vorkehrungen getroffen. Zu jeder Kutsche gehören mehrere Verladewagen. Manches ist noch offen. Etwa der definitive Rücktransport der Tiere nach erfüllter Mission. Zurzeit favorisieren wir, sie per Flugzeug nach Belgien zu bringen, wo sie in Quarantäne gestellt werden.

Die Finanzierung hat in den letzten Wochen einen Schub bekommen. 10.000 Euro erhielten wir aus Lotto-Mitteln, Heimat-Kommunen einiger Teilnehmer sowie Einzelpersonen haben Geld gespendet. Großspender, auf die wir hofften, haben wir nicht gewinnen können. Uns fehlen derzeit 225.000 Euro, für Futter, Kraftstoff, Hufbeschlag und die Rückreise der Tiere. Gespannführer und Begleittross finanzieren sich bisher komplett selbst.

Spenden für den Friedenstreck 2025 an:

Friedensglocken e.V.
IBAN DE51 1605 0000 1000 5702 54
BIC: WELADED1PMB (Mittelbrandenburgische Sparkasse)

Das Ziel unserer Reise ist nicht nur das Ankommen in Jerusalem, sondern das Unterwegssein selbst. Tragen wir doch eine Friedensbotschaft durch Europa und den Nahen Osten, führen Gespräche, wollen Brücken bauen. Ankommen wird die Glocke auf jeden Fall wie vorgesehen an der Schule „Hand-in-Hand“, in der Kinder von Eltern jüdischen, muslimischen und christlichen Glaubens gemeinsam leben und lernen und in der sie künftig als Schulglocke läuten wird. Wenn nicht mit Pferden, dann mit anderen Transportmitteln.

Ich werde den Treck immer wieder für einige Zeit begleiten. Von Oktober bis zur geplanten Ankunft am 24. Dezember bin ich komplett dabei, unterstütze das Team ganz pragmatisch, wo es nötig ist. Meine Aufgabe wird es darüber hinaus sein, die sehr unterschiedlichen Menschen, die gemeinsam auf den Treck gehen  – religiös, atheistisch, mit verschieden akzentuierten Motivationen für diese Reise –, zusammenzuhalten.  Sie betrachten mich übrigens als Talisman, weil mit besten Verbindungen zu ,ganz oben´…“

Der (selbsternannte) „Küchenjunge“ 

Karl-Dietmar Plentz, Unternehmer, Chef einer familiengeführten Traditionsbäckerei, Buchautor mit starkem sozialem Engagement aus Schwante (Brandenburg):

Bäckermeister Karl-Dietmar Plentz. Jetzt „Küchenjunge“
Bäckermeister Karl-Dietmar Plentz ist jetzt „Küchenjunge“ und hat das Friedensbrot für die Reise nach Jerusalem gebacken. © Sabine Rübensaat

„Einen weiteren Beitrag zur Versöhnung der Völker zu leisten, für den Frieden einzustehen, meine Stimme dafür zu erheben, zugleich ganz persönlich eine neue Lebensphase einzuläuten, all dies motiviert mich stark für diesen Friedenstreck. Impfungen, medizinische Vorsorgechecks sind absolviert.

Da ich vor Pferden Respekt habe, sind meine Aufgaben im Tross anders definiert. Jeden Morgen werde ich ein Gebet und einen Impuls für den Tag sprechen. Dann stehen praktische Dinge an, einkaufen, Müll entsorgen. Wo immer wir rasten, werde ich Gastgeber sein und dabei den Treck vorstellen. Dass ich die Brotversorgung übernehme, liegt in der Natur der Sache. Es wird, je nachdem wie es die Umstände erlauben, per Shuttle herangeschafft.

Während der Reise, die ich in Etappen mitfahre, kümmere ich mich auch um das mentale Wohl der Menschen, präge die Atmosphäre – das alles passt zu mir. Die Fahrt durch Konfliktgebiete ist eine Herausforderung. Wir haben Vorkehrungen getroffen, stehen in Kontakt mit diplomatischen Stellen, um abzuwägen, welche Wege sicher passierbar sind und hoffen, mit Hilfe lokaler Partner und Behörden weiterzukommen.

Zur Vorbereitung gehörte, einen Tag lang ein Fluchtszenario zu üben, um in ein bis zwei Stunden das Camp abzubauen, Pferde und Wagen zu verladen und den Ort zu verlassen. Wichtig war darüber hinaus, Informationskanäle abzuklären, etwa: Wo finden wir Hilfe, wo Veterinäre. So ganz am Rande möchte ich auch den Reiz und die Erfahrung eines Perspektivwechsels mitnehmen: Zu Hause bin ich Chef von 100 Angestellten, auf dem Friedenstreck der ,Küchenjunge´.“  

Der Planer 

Friedbert Enders, Pensionär aus Bad Belzig (Brandenburg): 

Bernd Schulz (r.) und Friedbert Enders (l.)
Sind beim Friedenstreck 2025 dabei: Bernd Schulz (l.) und Friedbert Enders (r.) © Sabine Rübensaat

„Wir haben das Know-how, Menschen und Pferde sind optimal vorbereitet. Wir reisen autark, die Versorgung ist gesichert – das ist das Ergebnis einer fünf Jahre langen Vorbereitung mit fünf „Probetrecks“ zu je 2.500 km, die durch Deutschland, Niederlande, Tschechien etc., führten.

Ich bin hauptsächlich für die Streckenführung und Rastplatzfindung mit dem Schwerpunkt Deutschland verantwortlich. Wir haben 18 Stopps festgelegt. Die Kirchenszene öffnet viele Türen, wir kontaktieren im Vorfeld Sportvereine, Bürgermeister, fragen ob sie geeignete Rastplätze für den Friedenstreck zur Verfügung stellen können. Hohe Priorität haben ebene Grünflächen als Standort für die Pferde. Oft sind auch Sanitäranlagen in der Nähe, etwa von Reiterhöfen oder Sportanlagen, die wir nutzen können.

Unsere Route hierzulande muss acht Wochen vorher bei Verkehrsämtern und Polizei angemeldet werden. Hilfreich ist ein detailliertes Feedback, etwa indem auf Baustellen oder Treppen an der Strecke hingewiesen wird.“ 

Der Chef de cuisine 

Bernd Schulz, Landwirt aus Gömnigk (Brandenburg). Er ist durch seine Backschweine, eine Delikatesse von Tieren aus Freiland- oder Biohaltung, bekannt, die er auf seinem Anwesen und mobil in der Berliner Markthalle 9 unter die Gourmets bringt:  

Bernd Schulz mit Schild zum Friedenstreck 2025
Bernd Schulz mit dem Schild zum Friedenstreck 2025 © Sabine Rübensaat

„Ich habe an allen fünf Trecks, die wir seit 2019 gefahren sind, teilgenommen und bin von diesem speziellen Virus infiziert, weiß inzwischen, wie Abläufe funktionieren. Man sagt mir außerdem diplomatisches Geschick nach. Nicht unwichtig bei solchen Unternehmungen. Die Reise nach Jerusalem betrachte ich als Abschluss und Höhepunkt, mit so einem Treck etwas für den Frieden zu tun. Die Glocke, die wir mitführen, wurde auf meinem Hof gegossen. Ich will sie heil zum Ziel bringen.

Friedensglocke wird gegossen
Aus Militärschrott wurde die Friedensglocke gegossen.
© Friedensglocken e.V.

Ich baue unterwegs das Küchenzelt  auf und versorge die 30 Teilnehmer mit Frühstück und Abendessen. Wir haben einen 3,5 Tonnen-Hänger als Küchenwagen ausgerüstet, mit Herd, zwei Kühlschränken, einem 1.000 Liter-Wassertank für Notfälle und zwei mit Diesel betriebenen Stromaggregaten sowie einem Schlafplatz. Zeitweise werde ich auf dem Friedenstreck eine Köchin an meiner Seite haben. Das Futter für die Pferde wird auf einem Extrawagen transportiert, der im Tross mitfährt. Aktuell ist noch der Sicherheitscheck für den Drei-Flammen-Herd zu absolvieren.“ 

Die Gespann-Führerin 

Ines Witter aus Berlin

Ines Witter mit Pferdegespann auf Löwenzahnwiese
Gespannführerin Ines Witter mit ihren Welsh Ponys Joy und Rose
© Sabine Rübensaat

„Ich reise mit Joy und Rose, meinen beiden Pony Welsh B. Sie sind 15 und 18 Jahre alt. In Thüringen steige ich, weil mir ein Beifahrer fehlt, als zweite Frau auf eines der beiden Gespanne um, die komplett von Start bis Ziel dabei sein wollen.

Joy und Rose werden dann in der Agrar GmbH Crawinkel auf mich warten. Ich habe sie täglich etwa 1,5 Stunden trainiert, damit sie in Form bleiben. Seit sie Hufschuhe tragen, könnten sie es mit Rennpferden aufnehmen. Allen, die befürchten, die Vierbeiner mit so einem Treck zu überfordern und ihnen Schaden zuzufügen, sage ich: Wir halten uns strikt an das Tierschutzgesetz, nicht nur, weil es Vorschrift ist, sondern weil wir unsere Pferde lieben. Zweimal drei Stunden täglich mit einer einstündigen Pause dazwischen werden wir laufen und 25 km zurücklegen.

Mit der Teilnahme am Friedenstreck tue ich, was mir zu Gebote steht, um ein Zeichen zu setzen, dass wir alle leben und uns nicht die Köpfe einschlagen wollen. Die Welt werden wir nicht retten, aber vielleicht diesem und jenem einen Schub in diese Richtung geben. Die Begegnung mit anderen Menschen, ihren Kulturen und Religionen, die Herausforderungen, von denen wir noch gar nicht wissen, welcher Art sie sind, all das wird meinem Leben auch eine neue Klarheit bringen.“  

Der Scout und Treckleiter 

Andreas Kunkel, Wirtschaftsinformatiker, Unternehmensberater aus Crawinkel (Thüringen):

„Ich bin 2021 zum Verein gestoßen und seitdem mit der Vorbereitung des Jerusalem-Trecks beschäftigt. Meine Aufgabe ist es, mit einem Erkundungsfahrzeug, das ich zu einem mobilen Büro umgebaut habe, den Fahrtweg nach vorn abzusichern und Standplätze zu erkunden, Unwägbarkeiten zu definieren.

Einen 240-Tage-Friedenstreck kann man nicht deterministisch planen, sondern nur stochastisch. Das heißt, wir arbeiten beim Friedenstreck mit Wahrscheinlichkeiten und Zufällen. Ich fahre ca. 100 km und drei bis fünf Tage dem Treck voraus, mache mir ein Bild von den Örtlichkeiten, schaue, wo gibt es Dörfer, Großstädte sind eher ungeeignet, wo ist Wasser, wo gibt es potenzielle Standplätze.

Die Strecke bis Istanbul bin ich 2024 schon mal abgefahren. Welche Erkenntnisse daraus wir jetzt auf der Strecke nutzen können, ist fraglich. Wir haben inzwischen Netzwerke aufgebaut, auf die wir aber nicht jedem Fall zurückgreifen können, etwa weil sich politische Verhältnisse, die Gesamtlage oder Details geändert haben.“

Aktuelle Ausgabe
Bauernzeitung Ausgabe 18/2025_Titel

Unsere Top-Themen

  • Titel: Messe-Spezial – Brala
  • Hitzestress bei Schweinen 
  • Hoffeste planen
  • Märkte und Preise
Zur aktuellen Ausgabe
Informiert sein
Der balinesische Buckelgong, hier angeschlagen von Karsten Kaethner, dem Vorsitzenden des Krugbergvereins, der dafür sorgte, dass der Wind den Pavillon stehen ließ.
Der balinesische Buckelgong, hier angeschlagen von Karsten Kaethner, dem Vorsitzenden des Krugbergvereins, der dafür sorgte, dass der Wind den Pavillon stehen ließ. © Heike Mildner

Fachliche Qualität – jetzt digital mit dem gratis Upgrade!

Sie sind bereits Abonnent:in der gedruckten Bauernzeitung und möchten die aktuelle Ausgabe zusätzlich auf Ihrem Smartphone, Tablet oder in der Browseransicht lesen? Erweitern Sie einfach Ihr Abonnement:

  • Jetzt ein Jahr kostenlos upgraden
  • Zuverlässig donnerstags lesen
  • Offline-Modus: E-Paper auch ohne Internetzugang lesen
  • Lesemodus nutzen, Artikel speichern, Suchfunktion
  • Zugriff auf das Ausgaben-Archiv

Die Bauernzeitung jetzt digital lesen – immer und überall!

Bauernzeitung Upgrade 1 Jahr gratis