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Leicomas liefern Qualitätsfleisch

Ein herausragendes Merkmal der Leicoma-Schweine ist ihre sehr gute Fleischqualität. Diese Eigenschaft hat die DDR-Rasse, wie ihre Robustheit auch, vom Duroc geerbt, das fast zur Hälfte an der Leicoma-Genetik beteiligt ist. Unser Praxispartner, die Raunitzer Agrar GmbH, lud zum Fachsimpeln auf ihren Betrieb ein.

„Im Schlachthof zählen nur Gewicht und Magerfleischanteil, nicht aber die Fleischqualität“, weiß Renate Schuster, die im Ruhestand noch als freie Beraterin für die Leicoma-Herdbuchzucht aktiv ist.

Die langjährige Geschäftsführerin des Hybridschweinezuchtverbandes Nord/Ost (HSZV) mit Sitz in Malchin (Mecklenburg-Vorpommern/MV) informierte Ende August in der Raunitzer Agrar GmbH in Gimritz über Entwicklung und Besonderheiten der Leicomas. Betriebsleiter Wouter Uwland hatte an diesem Nachmittag Fleischer und Mitarbeiter/-innen jener Metzgereien, an die er Schlachtkörperhälften zur Verarbeitung liefert, auf seinen Hof im Saalekreis eingeladen.

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Erfahrungsaustausch bei Kaffee und Kuchen

Bei Kaffee und Kuchen berichtete er über die Entwicklung seines Betriebes samt der Zucht und Direktvermarktung. Zugegen waren auch zwei Züchterkollegen aus Mecklenburg-Vorpommern und dem Thüringer Eichsfeld, die den langen Weg zum Erfahrungsaustausch nicht gescheut hatten und der Einladung ebenfalls gefolgt waren.

Uwland betonte, das Qualitätsfleisch des im Bestand stark begrenzten Leicoma-Schweines sei eine Spezialität. Dies müsse sich letztlich im Preis widerspiegeln. Er machte zudem deutlich, dass der „Nachschub“ an zuchttauglichen Jungsauen nicht immer konstant ausfalle, sodass auch die betrieblichen Mengen an Schlachttieren schwanken können. Ziel sei es, hier künftig noch mehr Stabilität zu erreichen.

Bildergalerie: Neues von der Raunitzer Agrar GmbH

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Bedrohte DDR-Rasse: Deutschlandweit gibt es nur 123 Zuchtsauen

Wie Renate Schuster berichtete, gibt es derzeit bundesweit nur neun Leicomazüchter bzw. -halter in sechs Bundesländern: drei in Sachsen-Anhalt, zwei in Thüringen und jeweils einen in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Im Herdbuch, das beim HSZV für ganz Deutschland geführt wird, seien aktuell 123 Zuchtsauen eingetragen. Davon halte Uwland allein 100. Zudem stünden derzeit zwölf Eber in der Produktion.

„Erhaltungszucht kostet Geld, guter Wille allein reicht nicht aus“

Die Expertin, der der Erhalt regionaler Rassen nach wie vor am Herzen liegt, machte deutlich, dass inzwischen alle deutschen Schweinerassen auf der Roten Liste stünden. Insofern sei es wichtig, die nötige Förderung des Erhalts tiergenetischer Ressourcen immer wieder in den Blickpunkt zu rücken. Diese dürfe sich nicht nur auf die Haltung bedrohter Rassen konzentrieren, sondern müsse die Zuchtarbeit, auch in den Verbänden, einschließen. Diese sei nicht zum Nulltarif zu haben: „Erhaltungszucht kostet Geld, guter Wille allein reicht nicht aus.“

Für den Erfolg sei auch eine gute Koordination wichtig. Schuster mahnte bundeseinheitliche Richtlinien für die Förderung bedrohter Nutztiere an. Die Rasse Leicoma wird in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen sowie seit 2020 auch in Sachsen gefördert.

Die DDR-Schweinerasse, seit 2011 als vom Aussterben bedroht eingestuft, wäre im Jahr 2018 von der Bildfläche verschwunden, hätten nicht einige Enthusiasten, darunter Wouter Uwland, die wenigen verbliebenen Sauen von der Agrargenossenschaft Bornum erworben. Die stieg damals als letzter größerer Betrieb aus der Leicoma-Zucht aus. „Wouter Uwland gebührt daher großes Lob für seinen großen Anteil am Erhalt dieser Rasse“, sagte Renate Schuster.

Bildergalerie: Genusstour der Raunitzer Agrar GmbH

In ihrem Imbissmobil bereitete Caroliene Uwland Leckereien aus Leicoma-Fleisch und Pommes vor.

In ihrem Imbissmobil bereitete Caroliene Uwland Leckereien aus Leicoma-Fleisch und Pommes vor. © Detlef Finger

Beim Rundgang über das Betriebsgelände konnten sie einen Blick auf die Ställe werfen. © Detlef Finger

Beim Rundgang über das Betriebsgelände konnten sie einen Blick auf die Ställe werfen. © Detlef Finger

Renate Schuster bei ihrem Vortrag über Zucht und Fleischqualität der Rasse Leicoma.

Renate Schuster bei ihrem Vortrag über Zucht und Fleischqualität der Rasse Leicoma. © Detlef Finger

Im Festzelt, das für eine Familienfeier aufgestellt worden war, wurden die Gäste bewirtet.

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Leicoma: Hohes Wachstumsvermögen

Das Leicoma war in der DDR in den 1970er-Jahren gezüchtet, Mitte der 1980er-Jahre als Rasse anerkannt und ab 1990 in Zuchtprogramme der Schweinezuchtverbände im Osten integriert worden – als dritte Mutterrasse neben dem Deutschen Edelschwein und der Deutschen Landrasse. Das Leicoma ging aus einer Kreuzung von Duroc (mittlerer Genanteil von 45,9 %), Deutscher und Niederländischer Landrasse (33,8 % bzw. 9,7 %), Estnischer Baconrasse (5,7 %) sowie Deutschem Sattelschwein (4,9 %) hervor.

Renate Schuster zufolge konnten 2022 im Rahmen der Eigenleistungsprüfung im Erhaltungszuchtprogramm bisher 55 weibliche Zuchttiere aus dem Gimritzer Herdbuchbestand positiv selektiert werden. Sie erreichten Lebenstagszunahmen von über 600 g, Muskeldicken von 50–55 mm und hohe Magerfleischanteile von 56 %. Zudem wurden 13 männliche Zuchttiere positiv selektiert mit durchschnittlichen Werten von 645 g, 55 mm bzw. 58 %.

Auf den Prüfstationen in Jürgenstorf (MV) und Ruhlsdorf (Brandenburg) hätten Leicomas anderer Züchter unter den dort optimierten Bedingungen Tageszunahmen von 965–980 g erreicht. Das verdeutliche das hohe Wachstumsvermögen dieser Rasse, sagte Renate Schuster, die darauf hinwies, dass die Leistungen unter Praxisbedingungen etwa 30 % geringer ausfielen.

Leicomas: Gute Fleischqualität mit hohem Genusswert

Den anwesenden Fleischern berichtete die ausgewiesene Fachfrau über die Ausprägung von Merkmalen für die Fleischqualität der Leicomas anhand von gemessenen Werten der Jahre 2019 bis 2021. So liege etwa der pH 1-Wert des Fleisches dieser Rasse als Maß für den Säuregrad 45 Minuten nach der Schlachtung bei 6,30–6,50. Die auf Station geprüften Tiere hatten einen intramuskulären Fettgehalt (IMF) von 1,88, was dem Optimum schon sehr nahe komme, da der IMF einen großen Einfluss auf den Genusswert des Fleisches habe. Der Tropfsatzverlust (Verlust von Fleischsaft), der das Wasserbindungsvermögen abbildet, betrage lediglich 2–3 %. Und die elektrische Leitfähigkeit warte mit Werten von 3,6 bis 4,4 mS/cm auf.

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Am Betriebsstandort in Gimritz können die Schweine bereits die eingestreuten Ausläufe nutzen. © Detlef Finger

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Fachsimpeln beim Betriebsrundgang

Nach ihren Vorträgen beantworteten Wouter Uwland und Renate Schuster bereitwillig die Fragen der Metzger und Berufskollegen. Danach ging es auf einen Rundgang über das Betriebsgelände, der auch einen Blick von außen auf die durch einen zusätzlichen Zaun geschützte Stallanlage zuließ.

Bis in den Abend hinein, der mit einem gemeinsamen Essen ausklang – es gab nach holländischer Art zubereitete Leckereien aus Leicoma-Fleisch und Pommes –, wurde viel gefachsimpelt und wurden Erfahrungen ausgetauscht.