Weniger Nachsicht mit „Problemwölfen“

Wölfe, die Nutztiere auf der Weide reißen, genießen künftig weniger Schutz. Dafür änderte der Bundestag das Naturschutzgesetz. Die Länder sollen mehr Rechtssicherheit bekommen, wenn sie Abschüsse genehmigen.

Der Abschuss von Wölfen, die Nutztiere töten oder andere ernste Schäden anrichten, wird erleichtert. Das ist das Ziel einer Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, die der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD beschlossen hat.

Es muss nicht erst die Existenz gefährdet sein

Einen Wolf der Natur zu entnehmen, kann künftig bereits genehmigt werden, wenn bei Nutztierrissen „ernste“ landwirtschaftliche oder sonstige Schäden vorliegen. Betroffene Betriebe müssen damit nicht mehr in ihrer Existenz gefährdet sein, bevor eine Entnahme möglich ist, wie das bei der bisherigen Formulierung „erhebliche Schäden“ der Fall ist. Dadurch können nun auch Schäden für Hobbyhalter einen Abschuss rechtfertigen.

Wölfen, die sich auf Weidetiere spezialisieren, soll künftig unkomplizierter das Handwerk gelegt werden. (C) Sabine Rübensaat (aufgenommen im Wildpark Schorfheide)
Wölfen, die sich auf Weidetiere spezialisieren, soll künftig unkomplizierter das Handwerk gelegt werden. (C) Sabine Rübensaat (im Wildpark Schorfheide)

Zudem dürfen einzelne Tiere aus einem Rudel auch dann getötet werden, wenn der schadensverursachende Wolf nicht sicher festgestellt werden kann. Der Abschuss muss aber in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissen stehen. Dies kann „bis zum Ausbleiben von Schäden“ fortgesetzt werden. Im Extremfall kann damit ein ganzes Rudel ausgemerzt werden. Bisher musste nachgewiesen werden, welches Individuum aus einem Rudel Nutztiere tötete. In der Praxis konnte das bisher den wirksamen Schutz vor weiteren Übergriffen verhindern, da im Fall einer falschen Zuordnung Sanktionen wegen des Verstoßes gegen den Artenschutz – auch gegen die genehmigenden Behörden – zu befürchten waren.

Für den Berichterstatter der Unionsfraktion, Hermann Färber, ist die Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes ein wesentlicher Schritt für einen besseren Schutz der Weidetiere. Ob er ausreichend sei, werde zu einem späteren Zeitpunkt zu bewerten sein. Die tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Susanne Mittag, sieht die Neuregelung als einen Beitrag, die Debatte um den Wolf in Deutschland wieder zu versachlichen. „Wir schaffen mehr Rechtssicherheit für die Entnahme von Problemwölfen, ohne den Wolf als streng geschützte Art in Frage zu stellen“, so Mittag. Gleichzeitig bekämen die Schafhalter mehr Sicherheit.

Naturschutzgesetz: Zweifel, ob die Änderungen schon ausreichen

Die Opposition im Bundestag kritisierte die Novellierung je nach Partei mit unterschiedlicher Stoßrichtung. Die Linken forderten mehr Hilfen und Entschädigungen für Schäfer. Die Grünen warnten vor neuerlicher Unsicherheit, da sie nun die Gefahr von Präventivabschüssen sehen, die europarechtlich nicht zulässig seien. Für die AfD ist die Neuregelung ein „zaghafter Schritt in die richtige Richtung“. Auch die FDP hält die Änderungen nicht für ausreichend.

Für die Gesetzesänderung stimmten in namentlicher Abstimmung 361 Abgeordnete, dagegen waren 275 Parlamentarier. Keine Mehrheit fand ein Gesetzentwurf der FDP, den Wolf als jagdbare Art in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen. Erfolglos blieb auch ein Entschließungsantrag der Linken. Darin wurde unter anderem gefordert, einen Rechtsanspruch auf Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen bundeseinheitlich festzulegen. red (mit AgE)