Süßkirschen-Ernte gerettet: Obsthof Müller trotzt Frost und steigert Effizienz
Erfolgreiche Kirschen-Ernte in Sachsen-Anhalt: Der Obsthof Müller in Querfurt zieht eine positive Bilanz der diesjährigen Kirschensaison. Erfahren Sie, wie der Betrieb die Herausforderungen des Jahres gemeistert hat.
Von Detlef Finger
Die 2024er-Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller ist seit Kurzem Geschichte. Am Montag voriger Woche kamen in Querfurt die letzten Früchte der sehr spät reifenden Sorte Regina von den Bäumen. Am 27. Mai war der Familienbetrieb mit der frühen Sorte Earlise in die Saison gestartet. Auf etwa 60 % einer normalen Jahresmenge taxierte Alexander Müller am vergangenen Mittwoch den diesjährigen Ertrag. Nach dem verheerenden Spätfrost in der Nacht zum 23. April, der vielerorts zu Totalausfall in den Obstanlagen führte, steht der Obsthof noch vergleichsweise gut da.
„Wir sind eines der wenigen Unternehmen in Mitteldeutschland mit nennenswerter Kirschernte“, sagt der Betriebsinhaber. Dank der von ihm ergriffenen Frostschutzmaßnahmen war auf den rund 6 ha Anbaufläche doch einiges an Süßkirschen gewachsen. Müller konnte damit etliche seiner Berufskollegen in Sachsen-Anhalt, aber auch in Sachsen und Thüringen mit Qualitätsware für deren Direktvermarktung versorgen.
Obsthof: Maßnahmen zum Frostschutz
„Ein theoretisch möglicher, sehr guter Ertrag wären 8–10 t/ha Süßkirschen im Durchschnitt“, erklärt Müller auf Nachfrage. Dieser sei abhängig von der Sorte, aber auch von weiteren Faktoren, wie etwa dem Witterungsverlauf, dem Standort oder der Bestandsdichte in den Baumobstplantagen. In der Kirschanlage des Obsthofes variiert Letztere zwischen 900–2.850 Bäumen je Hektar. „Wir haben da auch etwas experimentiert, um die Varianten vergleichen zu können“, sagt der Obsterzeuger.
Der Trend geht ihm zufolge zu höheren Baumdichten auf der Fläche – mit schmaleren Fahrgassen zwischen den Einzelreihen und engeren Abständen in der Reihe. Bei dieser Dichtpflanzung stehe alle Meter ein Baum. „Wir streben eine sogenannte Fruchtwand an, die wie eine Hecke ist: hoch und schmal“, erläutert Müller. Ziel sei es, in den 3,5–4 m breiten Gassen mithilfe von mobilen Hebe- bzw. Arbeitsbühnen zu ernten, die Bäume zu schneiden und auch die Regenschutzfolien bzw. Hagelnetze (bei Äpfeln) aus- und wieder einzurollen.
Kirschen-Ernte: Selbstfahrende Geräte
Tatsächlich kamen bei der Kirschenernte auf dem Querfurter Familienbetrieb in diesem Jahr zwei dieser selbstfahrenden Geräte zum Einsatz. Eine Arbeitsbühne hatte Müller vor fünf Jahren angeschafft, die zweite in diesem Jahr gebraucht in Südtirol erworben. Die Plattformen der Bühnen sind in Höhe und Breite verstellbar, sodass die Erntehelfer gut an die Früchte in den Baumkronen herankommen.
Arbeitsbühnen erleichtern die Arbeit
„Mit den Bühnen lässt sich effektiver arbeiten“, weiß Müller. Die Ernte mit Leitern sei körperlich schwerer, auch wegen des ständigen Hinauf- und Hinabsteigens, und gefährlicher, vor allem aber zeitaufwendiger: „Mit den Bühnen erreichen wir eine höhere Pflückleistung und brauchen letztlich weniger Arbeitskräfte.“ Dies sei angesichts steigender Personalkosten und schwer verfügbarer Saisonkräfte ein wichtiger Aspekt im (hand-)arbeitsintensiven Obstbau, betont der Betriebsleiter. Er könne sich deshalb vorstellen, auch seine drei Apfelerntemaschinen, die sich in der jetzigen Ausführung nur für das Kernobst eignen, so umzubauen, dass sie auch für die Kirschenernte einsetzbar sind.
„Das ist allerdings noch Zukunftsmusik“, sagt der 47-Jährige Unternehmer und ergänzt: „Größter Kostenfaktor ist die menschliche Arbeit und das im Obstbau ganz besonders.“ Als studierter Betriebswirtschaftler hat er daher nicht zuvorderst den Ertrag pro Hektar im Blick, sondern die Produktionskosten je Kilo Obst. Die Süßkirschen vermarktet der Betrieb im eigenen Hofladen z. B. für 7,90 €/kg. Mit der Kirschenernte waren in der Querfurter Plantage anfangs drei Personen beschäftigt, in der Spitze pflückten rund ein Dutzend eigene Mitarbeiter bzw. ausländische Saisonkräfte.
Pflanzenschutz in der Apfel-Plantage
Mitte vergangener Woche war Alexander Müller mit seiner neuen Pflanzenschutzspritze, einem Anhängesprayer der K-Baureihe vom Hersteller Wanner, in der Apfelplantage zugange. Mit dem Gerät, das u. a. mit einem 2.000-Liter-Tank und einem Axialgebläse ausgestattet ist, versorgte er die Bäume über einen flüssigen Blattdünger mit Kalzium. Der Mineralstoff sei wichtig für die Stabilität der Schale und des Fruchtfleisches und verhindere die typischen Stippeflecken, sprich: braun eingesunkene Stellen unterhalb der Schale, erklärt Müller. Die ausgebrachte Tankmischung enthielt außerdem ein Belagsfungizid gegen Schorfinfektionen zur Gesunderhaltung von Blättern und Früchten sowie ein biologisches Insektizid gegen den Apfelwickler.
Der Apfelschorf gehört zu den gefährlichsten Pilzkrankheiten im Obstbau, der Apfelwickler ist der mit Abstand häufigste Schädling an Apfelbäumen. Der Schaden entsteht durch den Fraß der Raupen des braun-grauen Falters, die sogenannten Obstmaden. Bei den Äpfeln könnten es in diesem Jahr etwa 30–50 % einer durchschnittlichen Ernte werden, schätzt der Betriebsleiter ein; die Qualität der Früchte bleibe allerdings vorerst offen.
Folien schützen vor Regen
In der Kirschplantage, zu der auch 0,2 ha Sauerkirschen gehören, wurden in der vergangenen Woche die Folienüberdachungen, die die Früchte vor Regen schützen sollen, eingerollt. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, denn die aus Bändchengewebe bestehenden Dächer müssen auf lange, dünne Rohre aufgewickelt werden, was mittels elektrischem Antrieb an beiden Rohrenden (über Akkuschrauber) passierte. Aufgewickelt lagern die Regenschutzfolien nun im First bis zur nächsten Saison.
Bei den Kirschen steht jetzt die erste Nacherntebehandlung an. Auch das Steinobst wird mit Flüssigdünger übers Blatt versorgt, u. a. mit Stickstoff, Bor und Zink, damit die Knospen für die 2025er-Ernte stark und stabil werden. Auch hierfür kommt die neue Spritze zum Einsatz, die eine in die Jahre gekommene Schlüsselmaschine ersetzte. Letztere bleibt aber als Reserve auf dem Hof.
Etwa Mitte August beginnt dann der Baumschnitt bei den Kirschen. Hiernach folgt mit Aprikosen und Pflaumen das andere Steinobst, das in diesem Jahr aufgrund des Frostereignisses null Ertrag bzw. nur etwa 5 % einer Normalernte brachte. Der Schnitt im Spätsommer dient dazu, den in diesem ertragsschwachen Jahr verstärkten Austrieb samt Knospenanzahl einzudämmen. Die verbleibenden Knospen werden dann besser versorgt. Zudem verringert sich der Aufwand beim Ausdünnen im Frühjahr.
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