Klaus Messinger mit seinem Riesen-Kürbis 'Gigant'. © Sabine Rübensaat

Kürbisente: Oh Mann, ist der aber dick …

Bei der Kürbisernte auf dem Landwirtschafts- und Gemüsehof von Klaus Messinger im brandenburgischen Kleinziethen ernten sie in diesem Jahr orange-gelbe Giganten.

Von Bärbel Arlt 

Groß und kräftig gelb leuchten sie auf dem Feld – nein, nicht die dicken Kürbisse, sondern die Blüten. Gemüsebauer Klaus Messinger mag es kaum glauben: So intensiv blühend hat er die Kürbispflanzen noch nicht erlebt – zumindest nicht im Oktober. „Das ist schon ungewöhnlich“, schüttelt er etwas ungläubig den Kopf und sieht, dass auch noch ein paar Kürbisse geerntet werden wollen. Doch die Masse des fruchtigen Herbstgemüses ist schon seit einigen Wochen vom Feld. Rund 40 Tonnen waren es. „Wenig“, resümiert der Landwirt. Was wir wiederum kaum glauben können beim Anblick der rund 6.000 farbenfrohen Kürbisse, die für das 15. Kürbisfest Ende September liebevoll angemalt, angezogen, zu Figuren zusammengefügt wurden und ein wahrer Augenschmaus sind.

Kürbisernte: Alle packen mit an

„Die ganze Familie – Kinder, Enkel, Verwandte – und Freunde haben daran mitgewirkt“, sagt Klaus Messinger stolz und schaut dabei vor allem seine Frau Angelika an, steckt sie doch als wuselnder und kreativer Geist hinter den leuchtenden Kunstwerken und hat die Kürbisse vor etwa zwanzig Jahren auf die Felder nach Kleinziethen gebracht. Damit gehörte der kleine Landwirtschaftsbetrieb in der Region zu den Ersten, die im Kürbisanbau, der bis dahin ein eher stiefmütterliches Dasein fristete, eine Chance sahen. Doch woher kommt diese Leidenschaft? „Ganz einfach – ich mag die Vielfalt, und sie sind nun mal meine große Liebe“, meint sie mit einem Augenzwinkern Richtung Ehemann. 

Kürbissorten
ber 60 Sorten Kürbis sind in diesem Jahr auf den Feldern des Gemüseanbau-betriebes Klaus Messinger gewachsen. © Sabine Rübensaat

Rund 60 Sorten sind es inzwischen, die auf rund sechs Hektar wachsen. Denn die Nachfrage nach Kürbis und vor allem nach außergewöhnlichen Sorten nimmt von Jahr zu Jahr zu. Früher war der Gelbe Zentner der absolute Renner, der bei den Messingers und ihren Stammkunden übrigens nur als „Oma-Opa-Kürbis“ bekannt ist. „Ich habe ihn mal so getauft, weil er vor allem von älteren Kunden gekauft wird, die ihn gern süßsauer einlegen“, lacht die Expertin. Doch mit den Jahren haben ihm Hokkaido, Muskat-, Spaghetti-  und Butternutkürbis den Rang abgelaufen.  

Hofladen
Gute Stimmung im Hofladen von Klaus Messinger. © Sabine Rübensaat

Ab dem Frühjahr werden Pflanzen im Folienzelt aus Samen gezogen, die dann nach und nach aufs Feld gebracht werden, wo den Sommer über Kürbisse in vielen Farben und Formen gedeihen. Wobei – mit dem Gedeihen war das in diesem Jahr so eine Sache. „Wir mussten aufgrund der Hitze und vor allem der fehlenden Feuchtigkeit viel bewässern“, erzählt Angelika Messinger und zeigt uns beim Schlendern durch die „Hinterlassenschaften“ des Kürbisfestes den Butternut, dessen dünne Schale aufgeplatzt ist. Andere wie der Halloweenkürbis sind nicht ausgewachsen oder verfaulen wie die Bischofsmütze. Doch es gibt auch südländische Sorten wie den länglichen Napoli mit seinem tief- orangefarbenem Fruchtfleisch, dem der heiße Sommer nichts anhaben konnte. „Im Vergleich zu den Vorjahren haben wir in dieser Saison rund 40 Prozent weniger vom Feld geholt. Doch hätten wir nicht bewässert, wären sie vertrocknet“, so die 61-Jährige, die jeden einzelnen Kürbis aus dem Effeff kennt. Ein Wissen, dass sie sich selbst angeeignet hat, denn im Gegensatz zu Ehemann Klaus, der gelernter Agrotechniker ist, hat sie eine Ausbildung als Elektromonteurin. Aber natürlich ist in 43 Ehejahren auch ihr das Gemüse ans Herz gewachsen.  

Angelika Messinger und Steffen Konieczny
Angelika Messinger und Steffen Konieczny. © Sabine Rübensaat

Doch so sehr sich gegenwärtig die Kürbisse in dem kleinen Familienbetrieb in den Vordergrund drängeln, auf den Feldern wachsen auch Kartoffeln, Gurken, Maikugeln, Radieschen, Peter­silie, Grünkohl, Knoblauch, Zwiebeln, Bohnen – und vor allem Möhren. Und die wiederum sind die große Liebe von Klaus Messinger, fing doch mit ihnen alles an. Schon zu DDR-Zeiten baute er sie auf einem halben Hektar an, verkaufte sie an den Großhandel für Obst, Gemüse und Speisekartoffeln und verdiente damit, wie er sagt, „schönes Geld“ neben seinem Job im Volkseigenen Gut Großziethen.

„Wir sind die Möhren im Großhandel nicht mehr los geworden“

Klaus Messinger

Doch mit dem Fall der Mauer war damit Schluss. „Wir sind die Möhren beim Großhandel nicht mehr losgeworden und haben sie dann einfach in einer Schubkarre vors Haus gestellt und verkauft“, erinnert sich er sich. Und die Kunden vor allem aus dem nahen Westberlin ließen nicht lange auf sich warten. „Ja, wir haben klein angefangen“, blickt er zurück, „aber von Jahr zu Jahr stieg die Nachfrage nach unserem frischen Gemüse.“ So entschloss sich Messinger, nach 40 Jahren seinen Job als Meister und Betriebsleiter bei den Berliner Stadtgütern an den Nagel zu hängen und aus dem Neben- einen Haupterwerb zu machen. 

Rund 15 Hektar, gepachtet von den Berliner Stadtgütern, bewirtschaftet er heute mit Familie und einer Angestellten, setzt auf Direktvermarktung und beackert zudem mit seinen Maschinen als Lohnunternehmer Flächen anderer Agrarbetriebe, mäht im Sommer die Wiesen auf dem Tempelhofer Feld in Berlin und schiebt im Winter Schnee auf dem Schönefelder Flughafen. Und die alte Schubkarre – sie steht immer noch mit Möhren beladen am kleinen Hofladen in der Glasower Allee 12, wo Tochter Anja das Zepter schwingt und der fast 365 Tage im Jahr von den Kunden frequentiert wird, die das regionale Gemüse frisch vom Feld hinterm Hofladen schätzen, aber auch die Pflaumen aus Werder oder die Äpfel vom Süßen See, für die der Kleinziethener Landwirt schon mal morgens um drei Uhr über die Autobahn düst. Selbst Ostern oder Weihnachten bleibt die Ladenklingel nicht still. Doch das sieht die Familie inzwischen gelassen. „Wir freuen uns ja über den großen Zuspruch“, sagt der 63-Jährige, der sich aber dennoch über das generell schlechte Image der Landwirtschaft in der Bevölkerung ärgert und auch über die zunehmenden bürokratischen Hürden, die dem Landwirt die Arbeit zunehmend erschweren.  

Und wenn dem Ehepaar doch mal alles über den Kopf zu wachsen scheint, dann setzen sich Angelika und Klaus Messinger in den Wintermonaten in den Flieger, düsen in den sonnigen Süden, wo die leckersten Kürbisse wachsen, und bringen so manche Idee mit nach Hause für das Pflanzen neuer Sorten oder fürs nächste Kürbisfest – das es allerdings nicht mehr geben soll. „Unser 15. Kürbisfest war das letzte“, wirft Angelika Messinger energisch ein. Na ja, schauen wir mal …