Familienglück in Schokolade: Peter Bienstman und Goedele Matthyssen mit Tochter Maria, Enkelsöhnchen Jelte und Schwiegersohn Jonny Lawrenz. Übrigens durfte der kleine Jelte, der am 4. Dezember seinen ersten Geburtstag feiert, beim Besuch der Bauernzeitung zum ersten Mal Felicitas-Schokolade naschen. (c) Sabine Rübensaat

Confiserie Felicitas: Hornow – ein Ort für Naschkatzen

Seit fast 30 Jahren verwöhnt die „Confiserie Felicitas“ aus dem Brandenburger Dorf Hornow Groß und Klein mit feinster belgischer Schokolade, der man nicht widerstehen kann – versprochen!

Von Bärbel Arlt

Es ist eine Familiengeschichte, die anmutet wie ein Märchen: Denn es war einmal ein belgisches Paar, das auszog, um sein Lebensglück zu finden und seine Liebe zu Tieren, Natur und Schokolade mit anderen zu teilen. So kamen sie in den Osten Deutschlands – genauer gesagt in ein Lausitzer Dorf, dessen Name wohl heute kaum jemand interessieren würde, hätten Goedele Matthyssen und Peter Bienstman nicht den Mut und die Verrücktheit besessen, sich dort niederzulassen und es zum wohl süßesten Dorf in ganz Ostdeutschland zu machen.

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Confiserie Felicitas in Hornow: VOM ENTWICKLUNGSHELFER ZUM CHOCOLATIER

Denn ein Ort für Naschkatzen war dieses Hornow nicht wirklich, als die beiden Belgier – sie damals 24, er 27 Jahre jung – dort ihre Zelte aufschlugen oder besser gesagt, in die Büroräume eines LPG-Gebäudes zogen und in einer 35 Quadratmeter großen LPG-Küche mit zwei Mitarbeiterinnen die ersten Schokoladenversuche wagten. Und seither beantwortet Goedele Matthyssen mit strahlendem Lächeln immer wieder geduldig und gern die Frage, wie und warum es das belgische Paar ausgerechnet nach Hornow verschlagen hat.

Viereinhalb Jahre waren Goedele Matthyssen und Peter Bienstman als Entwicklungshelfer in Nigeria auf einer Hühnerfarm – sie, die Krankenschwester, er, der Betriebswirt und Ingenieur für Elektromaschinenbau. Doch die Erfüllung des Lebens fanden sie dort nicht, weil sie sich – wie die Bauernzeitung 2001 schrieb – „mit der hautnahen Erfahrung der Alltagskriminalität, dem extremen Wohlstandsgefälle, und dem Kolonialherrengehabe mancher Leute aus der sogenannten Ersten Welt auf Dauer nicht anfreunden konnten“. So kehrten sie Anfang der 1990er-Jahre nach Belgien zurück und wollten etwas Eigenes auf die Beine stellen.

Doch dafür war ihnen das Heimatland zu klein, zu fertig. Also zogen sie zur Nachwendezeit aus – in den damals „wilden“ Osten, fanden den Grundstein für ihren Neustart in Hornow – und blieben. Doch die Heimat fehlte dann doch – zumindest in Form von Schokolade. Und aus dieser süßen Sehnsucht erwuchs ihre Geschäftsidee, Schokolade herzustellen – und das zu einer Zeit, als die Ostdeutschen mit Schokolade großer Konzerne überschüttet wurden und sich ihnen das Leben, vor allem in der Lausitz mit dem Wegfall Tausender Arbeitsplätze in der Braunkohle nicht von seiner Schokoladenseite zeigte.

Aber beide waren verrückt genug, um an der süßen Idee festzuhalten. Dafür absolvierte die gelernte Krankenschwester eine Chocolatier-Ausbildung in Antwerpen. Und am 11. März 1992 gründeten sie die „Confiserie Felicitas“. „Allerdings hatte damals niemand die Absicht, ein SchokoLadenLand zu errichten“, lacht Goedele Matthyssen.

Confiserie Felicitas: Jedes Stück ein Unikat

Dennoch – Stück für Stück wuchs das kleine Unternehmen zu einem Lebenswerk mit vielen Gesichtern. Allen voran sind es natürlich die rund 1.000 verschiedenen Schokoladenprodukte. Ob Tafel, Hohlkörper, Praline – jedes Stück ist ein Unikat, handgefertigt mit Liebe und Leidenschaft und 100 Prozent Fairtrade-Qualität.

Längst passiert das nicht mehr in der alten LPG-Küche. Aus dem Gebäude sind moderne Produktionsräume geworden. 2014 eröffnete das SchokoLadenLand mit Werksverkauf, Mitmach-Schauwerkstatt, Kino und Café mit Terrasse und Blick zu Spielplatz und Tiergehege. Aus einem alten Kuhstall ist eine „Schule in der Scheune“ mit großem Veranstaltungsraum geworden. Dort wird getanzt, gefeiert und gekocht – vor allem mit Schulkindern, um ihnen spielerisch ausgewogene und gesunde Ernährung schmackhaft zu machen.

Und vom Dach fließt Sonnenenergie sozusagen direkt in die Schokolade, die nicht nur am Firmensitz in Hornow, sondern deutschlandweit in rund 200 Fachgeschäften, in den eigenen Filialen in Potsdam und Dresden und auch am Flughafen BER verkauft wird und somit in die ganze Welt fliegt. Nicht zu vergessen sind die aktuell 75 Arbeitsplätze vor allem für Frauen. Außerdem wurden etwa 50 Frauen aus der Lausitz zum Chocolatier angelernt.

Schokoladenproduktion: Mit Idealismus zum Erfolg

Rückblickend nennt Goedele Matthyssen, die 2005 zur Brandenburger Unternehmerin des Jahres gewählt wurde, diese Familiengeschichte das „Wunder von Hornow“. Ein Wunder, in dem viel Mut, das Festhalten am Lebenstraum und vor allem, wie sie sagt, viel Idealismus stecken, aber durchaus auch so manche schlaflose Nacht. Denn der Weg zum Erfolg war nicht immer geradlinig. „Aber Not bringt auch Lösungen“, so die 53-Jährige.

So wurde in moderne Technik investiert, in digitale Vernetzung und in den Online-Verkauf. Und besonders glücklich ist das belgische Schokoladenpaar darüber, dass auch zwei ihrer drei Kinder die Zukunft im Familienunternehmen sehen. So möchte der jüngste Sohn, Johannes, der gerade sein Abitur macht, in die elterlichen Fußstapfen treten. Tochter Marie ist es bereits. Die 24-Jährige, die Einzelhandelskauffrau gelernt, ihren Ausbilderschein gemacht hat und mit der Schokoladenproduktion groß geworden ist, kümmert sich ums Marketing und leitet die Filiale in Dresden, wobei im Moment der einjährige Jelte im Lebensmittelpunkt steht.

Als „Gastgeber des Jahres 2022 im Lausitzer Seenland“ ausgezeichnet

Auch Papa Jonny ist mit ins Familienunternehmen eingestiegen. Dieses bietet dem gelernten Koch alle Möglichkeiten, seinen eigenen kulinarischen Stil zu entfalten. Er möchte, wie er sagt, im SchokoLadenLand, zu dem seit Sommer 2020 auch eine Brasserie gehört, anspruchsvolle Küche in die Lausitz bringen. „Wiener Würste zu edler Schokolade – das passt doch nicht“, sagt er und setzt in seinen Rezepten und Gerichten auf saisonale und regionale Produkte – mit Erfolg.

Denn Anfang November wurde die „Confiserie Felicitas“ nicht nur als „Gastgeber des Jahres 2022 im Lausitzer Seenland“ ausgezeichnet, sondern auch für „Brandenburger Gastlichkeit in der Kategorie Ausflugslokal“. „Das motiviert natürlich immens“, sagt der 24-Jährige, wenngleich Corona erneut für Bauchschmerzen sorgt.

Kakaobauern unterstützen

Doch was man mit dem Herzen macht, das setzt Kräfte frei – auch für neue Projekte. So unterstützt die „Confiserie Felicitas“ ganz aktuell Kakaobauern im krisengeschüttelten Kamerun – und umhüllt geröstete Kakaobohnen aus dem afrikanischen Land mit feinster Schokolade.

Zudem sind Goedele Matthyssen und Peter Bienstman seit Jahren Botschafter der Stiftung „Hilfe für Familien in Not“. Lebensglück teilen – ein Anspruch, den sie seit drei Jahrzehnten leben und der ganz sicher der Schlüssel für ihr erfolgreiches süßes Lebenswerk ist.

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