Wer selbst presst, hat einen besseren Überblick über die Mengen und das Feld ist eventuell schneller geräumt. (c) Klaus Meyer

Lohnt sich der Strohverkauf?

Da in schwierigen Zeiten alles auf den Prüfstand muss, um konsequent Einkommensreserven zu heben, ist auch der Strohverkauf auf der Prüfliste. Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse hilft dabei.

Dr. Mathias Schindler, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Eingriffe in natürliche Kreisläufe lösen Anpassungsprozesse aus, darauf ist – am besten vorausschauend – zu reagieren. Bei Abfuhr von Getreide, Kartoffeln, Raps oder Rüben ist sofort klar: Entzogene Nährstoffe sind zeitnah zurückzuführen, um das natürliche Gleichgewicht möglichst wenig zu stören und das Ertragspotenzial nachhaltig zu sichern. Dies gilt in gleicher Weise für die Strohabfuhr.

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Vor- und Nachteile der Strohabfuhr

Ferner ist zu überlegen, was die Entnahme von Stroh aus dem Kreislauf sonst noch bewirkt. Die Tabelle 1 zeigt einige Vor- und Nachteile der Strohabfuhr. Deren Beurteilung erfordert immer eine einzelbetriebliche Analyse.

In Ackerbauregionen wird der Nährstoffentzug durch Strohabfuhr zum Kostenfaktor, weil er mittels zugekaufter Düngemittel zu ersetzen ist. Bei mehr als zwei Vieheinheiten pro Hektar können nach Strohabfuhr mehr Wirtschaftsdünger ausgebracht und so deren Abgabekosten eingespart werden, wenn die Nährstoffentzüge ausbringmengenbegrenzend sind.

Tabelle 1: Strohverkauf

Tabelle 1 Strohverkauf

Humusbilanz und Strukturstabilität

Die Strohabgabe spart das Häckseln durch den Mähdrescher ein, und die Stoppelbearbeitung kann flachgründiger erfolgen. Nachfolgendem Raps erleichtert das fehlende Stroh die N-Aufnahme, weil es keinen Stickstoff bindet. Beim Anbau von Weizen nach Weizen verringert sich der Krankheitsdruck, und es wird weniger Fungizidaufwand (Mengenreduzierung oder sogar eine ganze Maßnahme) erforderlich.
Wird mit dem Stroh auch etwas Ausfallgetreide „abgefahren“, reduziert sich im nachgebauten Getreide der Fremdbesatz, in anderen Kulturen wird die Gräserbekämpfung etwas einfacher.

Strohabfuhr beeinflusst auch Humusbilanz

In Getreide-Raps-Körnermais-Fruchtfolgen entstehen keine Probleme, weil die Humusbilanz selbst bei mäßiger Strohabfuhr annähernd ausgeglichen bleibt. In Fruchtfolgen mit höheren Anteilen humuszehrender Kulturen (Kartoffeln, Silomais und Zuckerrüben) könnte die Strohabfuhr ohne kompensierende Maßnahmen wie die (inzwischen vor Sommerungen eh erzwungenen) Untersaaten oder Zwischenfrüchte zu deutlichem Humusabbau führen. Dies ist zwar nicht (mehr) „CC-kritisch“, könnte aber langfristig die Bodenfruchtbarkeit mindern.

Darüber hinaus ist Strohverkauf kritisch, wenn der Boden eine geringe Strukturstabilität aufweist und oft schnell verschlämmt. Hier zählt jeder positive Struktureffekt, und Stroheinarbeitung trägt eben auch dazu bei.

Soll das Stroh im Tausch gegen Mist (oder Gülle) abgegeben werden, ist noch ein kurzer Check sinnvoll, ob dadurch Unkrautsamen mitgeliefert werden, die man bisher noch nicht kannte. Der „gute Nachbar“ wollte das Stroh unbedingt, und nun holt er es nicht ab?

Strohverkäufer gehen arbeitswirtschaftlich und produktionstechnisch ins Risiko; die weitere Arbeit „steht“, bis das Stroh endlich weg ist. Schlimmer wird es bei Nichtabholung oder weil der (dann ehemals „gute“) Nachbar es sich anders überlegt hat oder es schon zweimal geregnet hat und das Stroh ungehäckselt eingearbeitet werden muss. Da sind die früher gefürchteten Strohmatten vorprogrammiert. Auf den Marktseiten der Bauernzeitung findet sich ein Marktpreis für Stroh, der für die eigene Bepreisung genutzt werden kann.

Individuelle Kostenanalyse erforderlich

Soll der Verkauf aber wirtschaftlich sein, ist immer eine individuelle Kostenanalyse erforderlich. Jeder muss für sich selbst ehrlich prüfen, ob die in der Tabelle 1 gelisteten Effekte in seiner betrieblichen Situation relevant sind und, falls „ja“, wie sie sich auswirken. Die Nährstoffentzüge können mit Nährstoffpreisen qualitativ vergleichbarer Mineraldünger oder Kosten von Wirtschaftsdüngern (lokal: Gärrest, Rinder- oder Schweinegülle, überregional: Hühnertrockenkot) bewertet werden. Dies erfolgt im oberen Teil der Tabelle 2.

Weil individuelle Nährstoffgehaltsanalysen des zu verkaufenden Strohs unüblich sind, werden durchschnittliche Nährstoffgehalte, die aus Ergebnissen über die Getreidearten hinweg gemittelt sind, angesetzt, auch wenn diese um bis zu +50 % variieren können.

Tabelle 2: Strohverkauf

Tabelle 2 Strohwerte bei Verkauf

Ist der Strohpreis kostendeckend?

Der Nährstoffwert liegt in der pauschalen Kalkulation bei 15 €/t. Wenn 5 t Stroh pro Hektar abgefahren werden können und eine mineralische Ausgleichsdüngung erforderlich ist, ergeben sich inklusive der Maschinenkosten für einen Arbeitsgang Mineraldüngerausbringung für Strohverkauf „ungepresst ab Feld“ 87 €/ha. Dieser Wert ist netto, gilt also für Optierer.

Pauschalierer zahlen auf alles (hier: Dünger und Maschinenkosten) außer den 0,17 AKh/ha Arbeitszeit 19 % Umsatzsteuer und müssten deshalb 103 €/ha nehmen. Die Pauschalabsprache: „Für einen Hunderter kannst du dir das nach der Ernte wegholen“ wird dann zur „Nullnummer“, und selbst der Optierer wird dadurch nicht reich.

Wer schnell einen Wert braucht, hört hier auf; wer es genauer wissen will, rechnet weiter. Dann ist zu berücksichtigen, dass der Häcksler aus ist (-9,66 €/ha), die Stoppelbearbeitung einfacher wird (-10,81 €/ha aus -33% von 32,77 €/ha) und die Humusbilanz ausgeglichen werden sollte (50 % des Humuseffektes aus dem Strohverkauf werden durch zusätzlichen Zwischenfruchtanbau kompensiert). Die Kosten des Humusausgleichs werden aus den (anteiligen) Kosten des Zwischenfruchtanbaus ermittelt und betragen 31,60 €/ha, sodass sich im Normalfall 98 €/ha ergeben. Wenn Sie dabei auch ein bisschen verdienen wollen (25 % Unternehmerrisikozuschlag), wären 122,50 €/ha ein angemessener Mindestpreis. Das ist „netto“, „brutto“ liegt der Mindestpreis bei 150 €/ha (inkl. 19 % USt, gerundet).

Besondere Situationen – anderer Preis!

Wird Weizenstroh verkauft und Weizen nachgebaut, also die (noch) übliche Fruchtfolge der sehr guten Standorte praktiziert, kann die Strohabfuhr den Pilzdruck (sofern vorhanden, bei zukünftig trockeneren Sommern erledigt sich das vielleicht) im nachfolgenden Weizen reduzieren und beim Fungizideinsatz gespart werden, was mit 20 % des Fungizidaufwands geschätzt wird und einen Vorteil von 16,21 €/ha ergibt. Jetzt errechnen sich 81,79 €/ha ohne und 102,23 €/ha mit Risikoaufschlag. Brutto sind es dann 97,33 bzw. 121,65 €/ha.

Interessant wird Strohabfuhr, wenn Kulturen mit deutlichem N-Bedarf im Herbst nachgebaut werden und eine N-Düngung nicht möglich ist, weil verbleibendes Stroh eine starke Nutzungskonkurrenz um die im Herbst verfügbaren Stickstoffmengen im Boden entfaltet.

Durch die Strohabfuhr wird die „N-Sperre“ stark reduziert, was der Herbstentwicklung insbesondere beim Raps in der Regel deutlich zugutekommt. Bei 1 dt/ha an Mehrertrag und einem Preis von 36,60 €/dt sind die Kosten bereits bei 61,39 €/ha gedeckt, mit 25 % Aufschlag bei 76,74 €/ha. Brutto ergeben sich Beträge von 73,05 bzw. 91,32 €/ha, beim berühmten „Hunderter“ ist nun doch eine gute Rechnung drin.

Viehstarke Regionen sind im Vorteil

Durch Strohverkauf steigt die Nährstoffabfuhr von der Fläche. Wenn der N- oder der P2O5-Bedarf begrenzend wirken, was meist in schweinehaltenden Betrieben gilt, kann bei Strohabfuhr mehr Wirtschaftsdünger ausgebracht werden. Faustzahl hier: 1,05 m3 Mastschweinegülle als Nährstoffausgleich pro Tonne abgefahrenes Stroh.

Um den Standardwert an diese Situationen anzupassen, sind drei Rechenschritte erforderlich. Es fallen zusätzliche Ausbringungskosten für die zusätzliche Güllemenge an, bei 4,00 €/m³ Gülle und 5,26 m³ Gülle pro Hektar sind dies 21,05 €/ha. Ferner werden mit der Gülle Nährstoffe im Wert von 35,14 €/ha zugeführt, der Betrag ist abzuziehen. Da ein gewisser Rest beim Düngebedarf verbleibt (insbesondere K20), wird der Arbeitsgang der Mineraldüngerausbringung nicht gestrichen.

Außerdem müssen die zusätzlich ausgebrachten Güllemengen nicht mehr abgegeben werden, sodass bei Abgabe kosten von 13,50 €/m3 somit 71,05 €/ha eingespart werden können. Wird nun saldiert, ergibt sich ein Betrag von 12,85 €/ha oh-ne bzw. 16,07 €/ha mit 25 % Risikoaufschlag.

Auch die Umrechnung auf „brutto“ ändert mit Werten von 15,29 bzw. 19,12 €/ha das Niveau kaum. Würden jetzt noch die Ausbringkosten für die mineralische Ergänzungsdüngung entfallen, ergäbe sich eine Nullnummer, anders ausgedrückt: Stroh zur kostenlosen Abholung. In Situationen wie dieser, wo relativ große Beträge gegeneinander saldiert werden und das Ergebnis viel kleiner ist als die saldierten Beträge, macht eine Risikobewertung über einen pauschalen Aufschlag auf das Ergebnis allerdings keinen Sinn mehr. Besser wäre es, den Aufschlag entweder am Umsatz zu orientieren oder einen festen Betrag aufzuschlagen.

Service? Gerne, kostet aber extra

Möchte der Kaufinteressent fertige Ballen am Feldrand abholen, sollte Ihnen das durchaus recht sein. Sie haben so den Presstermin und damit das Räumen des Schlages selbst in der Hand, zum anderen kann die tatsächliche Strohmenge so viel besser geschätzt oder sogar gewogen werden. Wird das Stroh in Rundballen gepresst ab Feldrand verkauft, so sollten dafür 14,01 €/t Stroh (etwa vier Ballen) bzw. 70,05 €/ha abgerechnet werden.

Der (Einzelballen)-Transport zum Feldrand schlägt noch einmal mit 5,80 €/t bzw. 29 €/ha zu Buche. Wer geschickter ist und pro Tour zwei Ballen (oder gar drei) mitnehmen kann, kommt schneller und kostengünstiger hin. Insgesamt kostet das Stroh in Rundballen ab Feldrand dann im Standardfall 197,04 €/ha ohne und 256,16 €/ha mit 30 % Risikozuschlag. Die Bruttobeträge liegen entsprechend bei 234,48 bzw. 304,83 €/ha.

Strohverkauf: Ein Fazit

Beim Strohverkauf sollten die Preise je nach vereinbarten Verkaufsbedingungen im Standardfall zwischen 102 €/ha („lose ab Feld“, netto, ohne Risikozuschlag) und 256 €/ha („gepresst ab Feldrand“, brutto, mit 30 % Risikozuschlag) betragen. Je nach individueller Ausgangssituation können die Zu- und Abschläge aber auch zu Beträgen führen, die bis zu 26 €/ha höher oder 100 €/ha niedriger liegen könnten.


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