Exkursion auf den Biohof Vogel. (c) Anke Keller

Projektwoche: Der Weg zum Ökobetrieb

Eine Aufgabe für alle Agrarfachschulen in Sachsen: „Erstellen Sie eine Lernsituation zur Umstellung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf ökologischen Landbau!“ Sowohl für die Schüler als auch für die Lehrkräfte war das eine Herausforderung. Welche Lösung hat die Fachschule für Landwirtschaft in Zwickau gefunden?

Von Ulrike Bletzer, Bad Ems

Zugegeben, das Thema dieses Schulprojekts entsprang nicht einer eigenen Idee, sondern war vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, kurz LfULG, vorgegeben. Aber was die Projektteilnehmer und -verantwortlichen an der Fachschule für Landwirtschaft Zwickau daraus gemacht haben, wie sie dieses Thema umsetzten und es mit Leben füllten – das kann sich sehen lassen.

Ein Jahr voerbereitungszeit

Anke Keller, die in Zwickau Betriebswirtschaftslehre unterrichtet, erklärt die Vorgeschichte: „Das LfULG hat allen Agrarfachschulen in Sachsen die Vorgabe gemacht, verstärkt den ökologischen Landbau in den Unterricht einzubinden.“ Zur Vorbereitung darauf fanden mehrere landesweite Treffen der Fachlehrerinnen und Fachlehrer für Landwirtschaft statt. „Bei der Auftaktveranstaltung im April 2019 stellte uns Jörn Möller vom Referat Koordinierung, Fachrecht und Verfahrensökonomie des Landesamts die Aufgabe, eine Lernsituation zur Umstellung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf ökologischen Landbau zu erstellen“, berichtet Keller.

Sie und ihre Kollegin Katrin Lehnert, die an der Zwickauer Schule Fachlehrerin für Pflanzenbau ist, übernahmen die Aufgabe. „Wir beide waren und sind bereits seit Längerem mit ökologischen Themen betraut“, verrät Keller. „So hat meine Kollegin Katrin Lehnert zahlreiche Fortbildungen in diesem Bereich absolviert, während ich selbst Beauftragte für ökologischen Landbau im Zwickauer Land war.“ Das Interesse am Thema war also von vornherein sehr groß – was sicherlich dazu beitrug, dass die beiden Fachlehrerinnen ihre methodischen Vorüberlegungen rasch abgeschlossen hatten. „Wir wollten die uns gestellte Aufgabe im Rahmen einer Projektwoche umsetzen“, erinnert sich Keller und fügt hinzu: „Wir entwarfen ein Konzept, brachten es zu Papier und stellten das Ganze bei einem weiteren landesweiten Arbeitstreffen vor, wo es viel Zuspruch fand.“

Damit war die Vorbereitung aber noch lange nicht komplett. Im Gegenteil: Zum theoretischen Konzept für die geplante Projektwoche kam ein Zugewinn an eigener praktischer Anschauung hinzu: „Katrin Lehnert und ich haben uns mit einer Kollegin zusammengetan, die in Plauen das Fach Tierproduktion unterrichtet“, erzählt Anke Keller. Zur Erklärung: Zwischen den Fachschulen für Landwirtschaft in Zwickau und Plauen besteht eine enge Zusammenarbeit. So führen sie in zweijährigem Wechsel die Winterschule mit dem Abschluss Staatlich geprüfte/r Wirtschafter/-in für Landwirtschaft durch. Zu dritt schauten sich die Pädagoginnen mehrere Betriebe an, die auf Ökolandbau umgestellt hatten. „Wir haben die Betriebsleiter ausgefragt, was bei der Umstellung gut lief und wo es Probleme gab“, erzählt Anke Keller. „Das hat sehr viel gebracht.“ Rund ein Jahr dauerte die Vorbereitungsphase insgesamt.

Stammtischgespräch: Pro und Contra zum Ökolandbau.
Stammtischgespräch: Pro und Contra zum Ökolandbau. (c) Anke Keller

Umstellung simulieren

Im Januar 2020 fand schließlich die Projektwoche in der Abschlussklasse der Zwickauer Fachschule statt, die sich als sehr engagiert und diskutierfreudig erwies „Dass die Schülerinnen und Schüler so gut mitgemacht haben, hat entscheidend zum Erfolg beigetragen“, lobt Keller die insgesamt 13 Fachschülerinnen und -schüler im Alter von 19 bis Ende 30 Jahren. Etwa zur Hälfte kamen sie aus landwirtschaftlichen Großbetrieben und Familienbetrieben.

Trotz dieser optimalen Voraussetzungen brachte das Schulprojekt jedoch noch genügend Herausforderungen mit sich. Die größte bestand darin, einen geeigneten Hof zu finden, um beispielhaft die Umstellung auf ökologischen Landbau simulieren zu können. Erfreulicherweise erklärte sich Daniel Korb, ein Fachschüler der Abschlussklasse, der aus einem Familienbetrieb mit Milchviehhaltung kommt, dazu bereit.

„Bei der Simulation der Betriebsumstellung ging es darum, in der Theorie bauliche Veränderungen, neue Arbeitsabläufe und viele weitere Maßnahmen zu planen“, berichtet Anke Keller: „Daniel Korb musste dann sagen, ob die angedachten Maßnahmen im konkreten Fall seines Betriebs durchführbar wären oder nicht.“ Da das Projekt ein möglichst authentisches Abbild der Realität bieten sollte, musste er auch Einblick in die Betriebszahlen und die Buchführung des Hofes gewähren. „Dafür gebührt ihm ein ganz großer Dank“, betont Keller.

Fakten und Meinungen

Zum Start in das Schulprojekt hatte Katrin Lehnert für die Schülerinnen und Schüler eine Mappe mit dem Ablaufplan sowie mit Informationen und einigen konkreten Zahlen zum Thema Ökologischer Landbau erstellt. Außerdem stimmte ein „Stammtisch-Gespräch“, bei dem alle Projektteilnehmer in Form einer Pro-und Contra-Diskussion ihre persönliche Meinung zum Ökolandbau äußern konnten, auf die Thematik ein. Ulf Jäckel, Referent für Ökolandbau beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, verdeutlichte in seinem Impulsvortrag unter anderem die Größenordnung und die Rolle, die der ökologische Landbau in Deutschland, Europa und der Welt insgesamt spielt. „Das Hauptaugenmerk richtete er dabei auf die Vermarktung der Ökoprodukte, die für die landwirtschaftlichen Betriebe von existenzieller Bedeutung ist“, so Keller.

Der zweite Projekttag führte mitten hinein in die Praxis: Eine Exkursion auf den Biohof Vogel stand auf dem Programm. Auf dem Direktvermarkterhof konnten die Schüler in der Projektwoche aus erster Hand ihren Wissensdurst zum Thema Ökolandbau stillen.

Mit Beratung zum Ziel

Am dritten Projekttag ging es in erster Linie um die Frage: Wie funktioniert eine Umstellungsberatung in der Praxis? Als externer Referent kam der Berater Ulf Müller vom Anbauverband Gäa e. V. – Vereinigung ökologischer Landbau mit Bundesgeschäftsstelle in Dresden. Jetzt schlüpfte der Fachschüler Daniel Korb in die Rolle eines Betriebsleiters, der eine solche Umstellungsberatung in Anspruch nimmt. „Dieser Tag war vom Ablauf her zwar etwas langwierig, aber unabhängig davon für das Projekt sehr wichtig, weil die Schülerinnen und Schüler gesehen haben, wie viele Stationen man bei einer Umstellung durchlaufen und wie viele verschiedene Bereiche man zusammenführen muss“, betont Keller. „Schließlich gilt es dabei die unterschiedlichsten Dinge zu bedenken: von der Futterplanung über das umweltverträgliche Düngen bis hin zur Flächenplanung.“

Auf dem Weg vom Ist- zum Ökolandbau ergaben sich in der Projektwoche bei Diskussionen viele Fragestellungen und verschiedene Zielvarianten. Wie muss die Arbeitskräfteplanung gestaltet und wie die Umstellungszeit organisiert werden? Welche sonstigen Schritte sind zu gehen? „Am Schluss hatte die Klasse gemeinsam mit dem Referenten zwei Szenarien entwickelt, wie es für den Beispielbetrieb in Zukunft weitergehen könnte“, fasst Anke Keller zusammen.

An Tag 4 stand der ökonomische Teil des Projekts auf der Agenda. Verschiedene Arbeitsgruppen errechneten in der Projektwoche die betriebswirtschaftlichen Zahlen bei der Umstellung auf Ökolandbau.

Ergebnisse präsentieren

Am fünften und letzten Projekttag dann der „krönende Abschluss“: die Präsentation vor einer Jury aus Vertretern des Ministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, des LfULG und der Schule. Aber nicht nur die Fachschulklasse musste vor diesem Gremium bestehen. „Für uns Lehrkräfte war es zugleich eine Hospitation zur didaktischen Vorbereitung und Durchführung des Projekts“, sagt Keller. Auch für sie und ihre Kollegin Katrin Lehnert eine Herausforderung. „Es war zwar nicht das erste Mal, dass wir uns im Unterricht dem Thema ökologischer Landbau widmeten, aber das erste Mal, dass wir eine Projektwoche durchführten. Umso stolzer waren wir, dass wir ein rundes Ergebnis präsentieren konnten.“

FAZIT der Projektwoche Ökolandbau

Besonders der Ansatz, das Thema Ökolandbau in einer kompletten, in sich geschlossenen Projektwoche und nicht in einzelnen Unterrichtsstunden aufzugreifen, hatte sich am Ende als richtig erwiesen. „Auch die Schülerinnen und Schüler sagten, die intensive Beschäftigung mit der Thematik habe ihnen mehr gebracht, als wenn sie im Unterricht immer mal wieder über einzelne Aspekte gesprochen hätten“, so Anke Keller. „Die Fachschüler haben sich zwar auch vorher schon innerhalb ihres Berufsstands über Ökolandbau unterhalten. Aber am Ende des Projekts lautete ihre einhellige Meinung: Jetzt können wir viel besser mitreden.“


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der B&B agrar 1/2021