Viehdiebstähle an der Oder

In Ostbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern würden sich gezielte Viehdiebstähle mehren, berichtete am 13. Februar Spiegel online. Die Täter seien offenbar erfahrene Landwirte, hieß es, die Tiere würden nicht in Polen und Tschechien, sondern weiter nach Osteuropa, etwa in die Ukraine gebracht. Wir gingen der Sache nach. Sind doch entlang der A 20 schon länger speziell landwirtschaftlich interessierte Kriminelle aktiv. Hatten sie es bisher vor allem auf landwirtschaftliche Gerätschaften wie GPS-Geräte aus Traktoren, Tresore, Werkzeuge, Ersatzteile für Landmaschinen und Pflanzenschutzmittel abgesehen, wurde nun bekannt, dass 2016 auch Tiere, speziell solche, die zur Zucht geeignet sind, entwendet wurden.

Von Heike Mildner

60 000 Euro Verlust

Norbert und Stephan Rouenhoff
Norbert und Stephan Rouenhoff vor dem Stall, aus dem die Tiere gestohlen wurden. © Heike Mildner

So verschwanden vom Landhof Rouenhoff im vergangenen Jahr insgesamt 50 Tiere – hochtragende Färsen und Kühe, außerdem Kälber und Zuchtbullen. Auf etwa 60 000 € schätzen Rouenhoffs den Verlust. Zwei Mal, im April und September, schlugen die Diebe im vergangenen Jahr zu. Der Hof, auf dem die Rouenhoffs 330 Milchkühe halten und zudem Nachzucht und Bullenmast betreiben, liegt auf einem Hügel am Rande des Städtchens Penkun im südöstlichen Zipfel des Landes. Der weite Blick Richtung Oder ist grandios, allerdings trifft auch der kalte Ostwind ungebremst auf das Anwesen. Die Ställe liegen hinter dem Wohnhaus. Die Milchkühe in direkter Nachbarschaft, die anderen weiter hinten. „Gestohlen wurde aus den Ställen, die am weitesten vom Wohnhaus entfernt sind“, sagt Norbert Rouenhoff. Den hinteren Zufahrtsweg zum Betriebsgelände hätten sie inzwischen mit der Schaufel eines Teleskopladers gesperrt.

Sicher, ein Zaun wäre besser, und Überwachungskameras auch eine Option. Aber das alles kostet Geld. Geld, das einem reinen Milchviehbetrieb dieser Tage an allen Ecken und Enden fehlt. „Um uns herum haben fast alle mit der Milchviehhaltung aufgehört“, sagt Norbert Rouenhoff und zählt die Namen der Kollegen auf. Er ist mit seiner Frau Marlies und drei Kindern vor 21 Jahren vom Niederrhein in den Osten gezogen. Schon dort, in der Nähe von Kleve an der deutsch-niederländischen Grenze, hatten sie 100 Fleckviehkühe. In Penkun übernahmen sie den insolventen Nachfolger der LPG Tierproduktion mit einem Rest an Schwarzbunten, stiegen auf Holstein um und kreuzen seit zehn Jahren Fleckvieh ein. Zuchtziel ist ein robustes Zweinutzungsrind mit einer guten Milchleistung (liegt bei 9 500 kg/a) und möglichst hornlos. „Die gestohlenen Tiere fallen erst jetzt züchterisch ins Gewicht, sie fehlen einfach,“ sagt Rouenhoff.

Die Rinder verschwanden immer, wenn Rouenhoffs mal eine Woche unterwegs waren. Stephan Rouenhoff, der mit Frau und Kind auch auf dem Hof zu Hause ist, war einmal gerade anderenorts Weizen drillen. Zeit, die den Dieben reichte. Zufall? Daran wollen die Rouenhoffs nicht so recht glauben, wollen und können aber auch niemanden beschuldigen. Die Polizei hat die Anzeigen aufgenommen, aber auch diesbezüglich haben die Landwirte kaum Hoffnung. Anfang Januar habe einer ihrer fünf Mitarbeiter erzählt, dass es einen polnischen Fernsehbericht über die Festnahme von drei Viehdieben in Stettin gegeben habe. Sie habe darüber die Polizei informiert, erzählt Marlies Rouenhoff. Man werde das weitergeben, habe man ihr gesagt.

Ermittlungen laufen

Katrin Kleedehn von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Neubrandenburg nennt für 2016 fünf Fälle von Viehdiebstahl. Zur Anzeige gebracht wurden der Verlust von zwei und 15 Schweinen sowie acht, 42 und 23 Rindern. In diesem Jahr sei noch kein größerer Viehdiebstahl gemeldet worden, so Kleedehn. Dafür laufen die Ermittlungen im Nachgang eines konzertierten Einsatzes am 8. Februar, bei dem knapp 100 Polizisten an mehr als fünf Objekten diverse landwirtschaftliche Geräte im Gesamtwert von über 100 000 € sicherstellten, noch immer auf Hochtouren. Das Diebesgut sei den Geschädigten teilweise bereits zurückgegeben worden.