Schutz vor dem Wolf: Wie ein Hund Schaf und Ziege verteidigt
Mittlerweile leben 1.339 Wölfe in Deutschland. Die meisten davon im Osten. Mit der zunehmenden Zahl an Wölfen gewinnt der Herdenschutz noch mehr an Bedeutung. Wie können Tierhalter ihre Herden besser schützen und welche Förderungen gibt es für Herdenschutzhunde?
Von Jeremy Deane
Die Konflikte zwischen Mensch und Wolf nehmen zu. Insbesondere bei Schäfern oder Betrieben mit Ziegen und anderen Weidetieren kommt es immer wieder zu Schäden durch den Wolf, wie zuletzt in Sachsen. Dort brachen über 100 Schafe in Folge eines Wolfangriffs aus. Zehn wurden getötet und fünf verletzt. Viele Tierhalter bemühen sich deshalb um zusätzlichen Schutz ihrer Herden, denn Zäune alleine reichen oftmals nicht. Immer mehr Halter setzen auf Herdenschutzhunde, um Wolfsangriffe abzuwehren.
Wozu einen Herdenschutzhund?
Herdenschutzhunde sind keine Hütehunde. Wie der Name schon sagt, schützen sie die Herde. Durch das Heranwachsen innerhalb der Tiergruppe und die Ausbildung sehen sie die Schützlinge als Teil ihrer eigenen Familie an. Das fördert den Instinkt, die Herde zu beschützen.
Informationsmaterial vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft zufolge müssen die Hunde durchaus diszipliniert sein. Vieles entscheide sich bereits durch die Zucht, wodurch eine sorgfältige Auswahl besonders wichtig ist. Sie dürfen keinen Jagdinstinkt zeigen, um Stress und mögliche Schäden oder Verluste bei den Schutzbefohlenen zu vermeiden. Trotzdem sei die Ausbildung nicht zu unterschätzen. Außerdem müssen sie an der Leine gehen können, auch wenn sie sich die meiste Zeit frei bewegen. Das ist wichtig, wenn der Halter die Herde umsetzt und Hütehunde die Tiere lenken oder wenn die Hunde zum Tierarzt müssen. Viel entscheidender ist aber noch, dass die Herdenschutzhunde immer innerhalb des Schutzzauns bleiben und diesen nicht überspringen. Ansonsten wäre die Herde ungeschützt.
Wichtige Merkmale von Herdenschutzhunden:
- Gehorsam gegenüber dem Halter
- Beschützerinstinkt zur Herde
- hohe Aufmerksamkeit
- Erkennen und Fernhalten von Störungen
- geringe Aggressivität gegenüber Menschen außerhalb der Herde
Je nach Größe der Herde und Anzahl der Wölfe in der Region benötigen Tierhalter mindestens zwei oder mehr Hunde.
Wo können Tierhalter Förderung erhalten?
Prinzipiell fördern nahezu alle ostdeutschen Bundesländer Hunde für den Herdenschutz. Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zahlen bis zu 100 % der Kosten der Anschaffung und gegebenenfalls der Ausbildung der Beschützer. In Brandenburg können einmalig maximal 6.000 Euro pro Hund beantragt werden.
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Sachsen-Anhalt übernimmt dagegen einen Teil der jährlichen Unterhaltungskosten mit 2.386 Euro pro Hund. Das ist die höchste Zuwendung, welche ostdeutsche Tierhalter für die jährlichen Unterhaltungskosten erhalten können. 1.920 Euro gibt es hierfür in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, ähnlich in Brandenburg mit 1.917 Euro. Nur in Sachsen gibt es diese Art der Unterstützung nicht.
Mehr Informationen zu den Förderungen stehen im "Bericht zu Prävention und Nutztierschäden" zur Verfügung.
Voraussetzung für eine Förderung
Die Voraussetzungen für eine Förderung sind in den Bundesländern ähnlich. Trotzdem gibt es einige Unterschiede. Sachsen-Anhalt fordert unter anderem eine Nutzung und Pflege von mindestens fünf Jahren, sowie ein Weidetagebuch. Die genauen Anforderungen können auf der Website der Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten nachgelesen werden. Für eine Förderung für die Anschaffung eines Hundes benötigen Halter in Sachsen eine Mindestherdengröße von 100 Tieren.
Die Anschaffung und Ausbildung geeigneter Herdenschutzhunde fördert Mecklenburg-Vorpommern nur in offiziellen Wolfsgebieten. Seit dem 25.01.2024 gilt das gesamte Bundesland als Wolfsgebiet. Die Karte der aktuellen Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern finden Sie hier.
Auch Brandenburg gilt gesamtheitlich als Wolfsgebiet und erfüllt daher ebenfalls diese Voraussetzung. Zusätzlich muss laut Förderrichtlinie Brandenburg hier die fachliche Notwendigkeit und Angemessenheit durch einen amtlichen Wolfsbeauftragten bestätigt sein. Außerdem müssen in Brandenburg, ebenso wie in Thüringen, die Hunde geprüft und zertifiziert sein. In beiden Ländern ist hierfür momentan nur die "Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde e.V" zuständig - diese Regelung ist unter Schafhaltern nicht unumstritten.
Nach der Förderrichtlinie Thüringen kommt zu der Zertifizierung noch eine Mindestherdengröße von 100 Tieren, und dass nur bestimmte Hunderassen, wie z.B. Pyrenäenberghund und Maremmano-Abruzzese gefördert werden. Auch Mischungen aus diesen beiden Rassen oder andere Rassen können gefördert werden, sofern die Hunde aus Herdenschutz-Arbeitslinien stammen und der Halter oder dessen Beauftragter die entsprechende Sachkunde und Genehmigung vorweisen kann.
Welche Schäden verursacht der Wolf?
Obwohl Nutztiere nur ungefähr 1,6 % der Nahrung von Wölfen ausmachen, entstehen für Tierhalter massive Schäden. Dazu gehören unter anderem verletzte oder tote Tiere sowie die damit verbundenen Folge- und Opportunitätskosten für den laufenden Betrieb. Waren es 2017 noch ca. 200.000 Euro an Ausgleichshilfen, die bundesweit ausgezahlt wurden, nahmen diese über die Jahre stetig zu und lagen 2022 bei ca. 600.000 Euro bundesweit. Im Jahr 2020 kam es sogar zu einer Rekordsumme von ca. 800.000 Euro. In Ostdeutschland wurden im Jahr 2023 nach Angaben der zuständigen Ministerien, Ämter und Beratungsstellen 329.412 Euro für Wolfsschäden ausgezahlt.
Brandenburg glich im Osten die größte Summe mit 141.537 Euro aus. Darauf folgte Sachsen mit 126.600 Euro. In diesen zwei Ländern leben auch die meisten Wölfe. Mecklenburg-Vorpommern zahlte 28.210 Euro, Sachsen-Anhalt 15.603 Euro und Thüringen 17.462 Euro an geschädigte Tierhalter aus.
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Andere Schutzmaßnahmen
Die Bundesländer strengen sich an, Wolfsschäden durch die Förderung von vorbeugenden Maßnahmen zu reduzieren. Dazu gehören unter anderem mobile elektrische Zäune und Untergrabungsschutz sowie nötige Ausrüstung. Brandenburg war nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (dbb-Wolf) im Jahr 2022 mit weitem Abstand ostdeutscher Vorreiter in der Höhe ausgezahlter Förderungen zur Prävention.
Das Land unterstützte mit 2.334.000 Euro etwa 300 Tierhalter. Für Sachsen wurde an 600 Halter eine Summe von 684.700 Euro ausgezahlt. Auf 84 Tierhalter kam in Sachsen-Anhalt eine Fördersumme von 459.028 Euro. Mecklenburg-Vorpommern unterstützte 92 Betriebe mit insgesamt 563.000 Euro. In Thüringen wurde 2022 die geringste Fördersumme im Osten ausgezahlt mit 82.595 Euro für 57 Tierhalter.
In einigen Bundesländern können Schutzmaßnahmen nur in bestätigten Wolfsgebieten gefördert werden. Entsprechende Informationen zu den Förderanträgen und Möglichkeiten stellen die zuständigen Landesämter zur Verfügung.
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Welche Nutztiere greift der Wolf an?
Hauptsächlich ernährt sich der Wolf in Deutschland von Wildtieren. Doch immer wieder jagt er auch Nutztiere. Hierbei machten Schafe und Ziegen im Jahr 2022 nach Angaben der dbb-Wolf den größten Anteil mit 89 % aus. Darauf folgten Rinder mit 6 % und Gatterwild mit 4,2 %. Bei den restlichen 1,6 % fielen andere Nutztiere dem Wolf zum Opfer.
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Ausgewachsene Rinder sind wehrhaft und dementsprechend kein so gefundenes Fressen für den Wolf wie Jungtiere. Schafe und Ziegen haben weniger Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. Außerdem werden bei einem Angriff auf die kleineren Nutztiere nicht selten mehrere Tiere in Folge einer Attacke verletzt oder getötet. Es gibt zwar mit Beutegreifern in der Umgebung nie einen 100-Prozent-Schutz, aber Herdenschutzhunde können eine starke zusätzliche Maßnahme darstellen, um Verlusten vorzubeugen.
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