Freilandhaltung von Legehennen

Praxis-Tipps: Warum Kies und Sand im Hühner-Auslauf versagen

Die Freilandhaltung von Legehennen bringt zahlreiche Vorteile für das Tierwohl, stellt jedoch auch eine Herausforderung für die Umwelt dar. © bidaya/stock.adobe.com
Tierhaltung

Bei der Freilandhaltung von Legehennen sammeln sich in bestimmten Bereichen hohe Nährstofffrachten an, die das Grundwasser belasten können. Ein Forschungsprojekt sucht nach Lösungen für dieses Problem.

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Die Freilandhaltung von Legehennen bringt zahlreiche Vorteile für das Tierwohl, stellt jedoch auch eine Herausforderung für die Umwelt dar. Besonders in stallnahen Bereichen sammeln sich hohe Nährstofffrachten an, die das Grundwasser belasten können.

Das Forschungsprojekt „Kreislaufschließung in der Freilandhaltung von Legehennen: Substrate & Zuschlagstoffe für den Nahbereich“ (Kluft) untersucht daher, wie sich diese Nährstoffe durch gezielten Substrateinsatz binden und in den landwirtschaftlichen Betriebskreislauf zurückführen lassen.

Im Interview spricht Frauke Deerberg von der Universität Kassel über die bisherigen Erkenntnisse des Projekts und ihre Bedeutung für die Praxis. Neben der Universität sind auch mehrere Praxisbetriebe in die Versuche eingebunden. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau.

Frauke 
Deerberg 
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin 
an der Universität 
Kassel.
Frauke Deerberg ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Kassel.
© Uni Kassel

Stickstoff: Hohe Nährstofffrachten im Nahbereich von Legehennenställen

Elisa Mutz, FiBL Deutschland: Frau Deerberg, wie hoch sind die Nährstoffeinträge auf Auslaufflächen von Legehennen in der Praxis typischerweise?
■ Frauke Deerberg: Das hängt ganz davon ab, welchen Teil der Auslauffläche man betrachtet. Besonders problematisch sind Zonen, in denen sich viele Tiere gleichzeitig aufhalten – etwa bei Unterständen, Hütten, oder insbesondere im stallnahen Bereich. Hier kommt es nicht nur zu einem Verlust der Vegetation, sondern auch zu einem überproportional hohen Koteintrag. Studien zeigen, dass rund 80 Prozent des im Auslauf abgesetzten Kots innerhalb eines 25-Meter-Radius um den Stall landen. Grundsätzlich gilt: Je näher am Stall, desto höher die Nährstoffgehalte im Boden – mit punktuell sehr hohen Einträgen.

Können Sie das genau beziffern?
■ Eine Modellrechnung verdeutlicht die Stickstoffmengen, die bei einem stationären Feststall mit
1.000 Tieren anfallen können. Dabei wird angenommen, dass zehn Prozent des gesamten Kots im
Freiland abgesetzt werden und davon 70 Prozent im Nahbereich anfallen, was lediglich zehn Prozent der gesamten Auslauffläche sind. Bei einer Mindestflächenvorgabe von vier Quadratmetern pro Tier ergibt sich ein jährlicher Stickstoffeintrag von 158 Gramm pro Quadratmeter im Nahbereich. Umgerechnet entspricht das 1.580 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr, wobei hierbei zu betonen ist, dass der Nahbereich in der Regel keinen Hektar, sondern einige hundert Quadratmeter umfasst. Da diese Nährstoffe meist nicht entnommen oder genutzt werden, kann es in diesen Bereichen zu erheblicher oberflächlicher und unterirdischer Auswaschung kommen.

Shit happens – auch im Legehennenauslauf: Bei intensiver Nutzung ist die Vegetation häufig verschwunden, es kommt zu Erosion und Pfützenbildung, Nährstoffe können ungehindert abfließen oder versickern.
Shit happens – auch im Legehennenauslauf: Bei intensiver Nutzung ist die Vegetation häufig verschwunden, es kommt zu Erosion und Pfützenbildung, Nährstoffe können ungehindert abfließen oder versickern. © Frauke Deerberg

Nährstoff-Hotspots erkennen

Wie können die Legehennenhalter diese Situation auf ihrem Betrieb abschätzen?
■ Im Nahbereich stationärer Ställe kann man generell von einem hohen Nährstoffanfall ausgehen.
Auch bei Mobilställen kann es – insbesondere bei längeren Standzeiten – zu vergleichbaren Problemen kommen.

Eine erste visuelle Einschätzung lässt sich anhand der Grasnarbe treffen: In intensiv genutzten Bereichen ist der Bewuchs meist stark reduziert oder ganz verschwunden – hier besteht ein erhöhtes Risiko für Nährstoffanreicherungen.

Allerdings lässt sich die tatsächliche Höhe der Nährstoffgehalte im Boden auf diese Weise nicht exakt bestimmen. Deshalb haben wir im Projekt verschiedene Nitrat-Schnelltests auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Dafür wurde eine repräsentative Probe aus dem Bereich
der ersten 30 Zentimeter des Oberbodens entnommen, in destilliertem Wasser gelöst, filtriert
und anschließend auf ihren Nitratgehalt untersucht. Von den vier getesteten Schnelltests haben drei
gut abgeschnitten: Nitrachek von Steps Systems GmbH, JBL ProScan und Merckoquant-Nitrat-Teststreifen. So kann man sich als Landwirt in kurzer Zeit einen Eindruck machen.

Hühnerauslauf: Gestaltungselemente für bessere Nährstoffverteilung

Welche Maßnahmen können Landwirte ergreifen, um Nährstoffüberschüsse beziehungsweise -verluste in Stallnähe zu reduzieren?
■ Es gibt eine ganze Reihe an Maßnahmen, die Legehennenhalter ergreifen können, um beispielsweise dafür zu sorgen, dass mehr Tiere in den Auslauf gehen und sich dort auch besser verteilen. Hierzu zählen Gestaltungselemente, die Schutz und Schatten bieten wie Unterstände oder Anpflanzungen.

Unsere Untersuchungen, und auch die anderer Forscher:innen, zeigen aber, dass diese beliebten Strukturelemente ihrerseits zu „Nährstoff-Hotspots“ werden können. Das Hauptproblem ist, dass
es auch bei guter Auslaufgestaltung und -annahme immer noch zu einer ungleichmäßigen Verteilung der Nährstoffe und zu hohen Nährstoffakkumulation kommt, so dass auch dann noch zusätzlich
im Nahbereich Nährstoffe entzogen werden müssen!

Ein Entzug durch Pflanzen alleine reicht nicht aus. Dies ist der Grund, wieso wir in unserem Projekt verschiedene Substrate testen. Für Mobilstallhalter besteht prinzipiell ein Vorteil: Wenn ausreichend Fläche vorhanden ist, also deutlich mehr als vier Quadratmeter pro Tier, kann der Stall so häufig versetzt werden, dass es gar nicht erst zu einer starken Nährstoffanreicherung im Nahbereich der Ställe kommt.

Substrate im Test: Neue Ansätze für effektives Nährstoffmanagement

Welche Substrate und Zuschlagstoffe haben Sie getestet?
■ Wir haben eine ganze Reihe an Substraten untersucht. Darunter solche, die bereits in der Praxis
im Nahbereich von Legehennenställen verwendet werden wie etwa Gleisschotter, Kies oder Sand.
Die werden in der Regel im stallnahen Bereich genutzt, um Erosion, Verschlämmung und Pfützenbildung entgegenzuwirken.

Zu den organischen Substraten, die wir getestet haben, gehören Holz und Stroh, jeweils unterschiedlich aufbereitet: Stroh und Sägemehl, Strohhäcksel und Holzhackschnitzel oder Stroh- und Holzpellets. Aber auch andere Materialien wie Miscanthus, Grüngutkompost oder Dinkelspelzen. Zudem haben wir verschiedene Substratkombinationen getestet und sie mit Zuschlagsstoffen wie Pflanzenkohle oder verschiedenen Gesteinsmehlen versehen.

Blick von oben: Im Versuch wurde auf Parzellen mit unterschiedlichen Substraten und Zuschlagsstoffen nach und nach Hühnerkot appliziert.
Blick von oben: Im Versuch wurde auf Parzellen mit unterschiedlichen Substraten und Zuschlagsstoffen nach und nach Hühnerkot appliziert. © Anke Hupe

Emissionen und Tierwohl: Substrate auf dem Prüfstand

Welche Parameter haben Sie dabei gemessen?
■ Wir haben vor allem die Stickstoff- und Phosphorgehalte im Boden unter den Substraten sowie in
den Substraten untersucht. Seit Kurzem führen wir auch Gasmessungen durch, um gasförmige Verluste nachvollziehen zu können. So möchten wir herausfinden, welche Substrate in der Lage sind, Nährstoffe aufzunehmen. Ziel ist es, diese im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder als Dünger zu nutzen. Zudem gab es Untersuchungen zum Tierwohl, etwa was Fußballenläsionen betrifft.

Welche Substrate haben sich als besonders wirksam erwiesen?
■ Vor allem Pelletvarianten wie beispielsweise Stroh- oder Holzpellets erwiesen sich bislang als
wirksam. Hier konnten über die winterliche Sickerwasserperiode – trotz fortlaufender Kotapplikation – nur geringe Nmin-Gehalte im Boden nachgewiesen werden. Diese Substrate verfügen über ein hohes Quellvermögen, sodass Nährstoffe nicht einfach ausgewaschen werden.

Warum Kies und Sand im Hühnerauslauf versagen

Gab es Materialien, die sich im Auslauf als ungeeignet herausgestellt haben?
■ Oh ja, die gibt es! Hier sind vor allem die mineralischen Substrate wie Kies, Schotter und Sand zu
nennen. Eigentlich auch nicht verwunderlich, denn vor allem Kies und Schotter werden nicht zuletzt wegen ihrer Drainagefähigkeit eingesetzt, um den stallnahen Bereich frei von Pfützen zu halten und zu befestigen. Nach jedem Regen ist der Schotter wieder „sauber“ gewaschen. Und genau hier liegt das Problem, denn die hohen Nährstoffmengen, die anfallen, werden ebenfalls ausgewaschen. Es wäre viel besser, man könnte die anfallenden Nährstoffenutzbar machen. Aber auch das ist mit mineralischen Substraten so nicht möglich.

Auch unter Aspekten des Tierwohls (Scharrfähigkeit, Fußballengesundheit) ist der Einsatz von Schotter und Kies mehr als fraglich. Da weder Schotter noch Kies entsprechend desinfiziert werden können, kommt es zusätzlich noch zu einem Hygienerisiko. Als wäre das alles noch nicht genug, kann der Schotter aus dem Nahbereich nicht einfach entsorgt werden. Da es sich aus Sicht der Abfallbranche um „kontaminierten Bauschutt“ handelt, muss der Schotter fach- und sachgerecht gereinigt und dann entsorgt werden. Da das wirtschaftlich absolut unrentabel ist, versagen Schotter und Kies auf ganzer Linie.

Auch von der Ausbringung von Sand im Außenbereich ist abzuraten. Dieser sollte lieber in Form von Sandbädern im Wintergarten angeboten werden. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass er frei von Schadstoffen ist.

Übrigens hat sich auch die Variante „kein Substrat“ – beziehungsweise „blanker Boden“ – ebenfalls als schlecht erwiesen. Diese Variante ist in der Praxis verbreitet, führt aber dazu, dass die hohen Nährstoffmengen ausgewaschen und verlagert werden.

Bei Kies und Schotter werden zu viele Nährstoffe ausgewaschen.
Bei Kies und Schotter werden zu viele Nährstoffe ausgewaschen. © Frauke Deerberg

Kreislaufwirtschaft: Nährstoffe aus dem Hühnerauslauf wiederverwerten

Und mit welchen Substraten gelingt es, die Nährstoffe wieder in den landwirtschaftlichen Betriebskreislauf zurückführen?
■ Mineralische Substrate kommen als Dünger nicht infrage. Bei den organischen Substraten sieht das
schon anders aus: In der Praxis wurden die eingesetzten Substrate (in diesen Fällen Holzhackschnitzel und Strohpellets) als Dünger auf den Feldern ausgebracht. Ein anderer Betrieb hat seine Gerstenstrohpellets nach der Nutzung durch die Tiere für seine Biogasanlage genutzt. Insgesamt besteht hier allerdings noch
weiterer Forschungsbedarf.

Haben Sie bereits Erkenntnisse, wie sich die Substrate auf Emissionen von klimarelevanten Gasen auswirken?
■ Hier laufen die Forschungsarbeiten noch. Bislang zeichnet sich ab, dass vor allem auch Witterung und Temperatur Einfluss auf die Emissionen haben. Wie stark der Einfluss der einzelnen Substrate ist, muss sich noch zeigen. Wie beeinflussen die getesteten Substrate das Verhalten und Wohlbefinden der Hennen?

Strohpellets im Nahbereich: Vorteile für Hennen und Hygiene

Gibt es Hinweise darauf, dass sie bestimmte Materialien bevorzugen oder meiden?
■ Um einen ersten Eindruck zu bekommen, wie sich das jeweilige Substrat auf das Verhalten und
Wohlbefinden auswirkt, lohnt es sich, die Tiere zu beobachten. Können diese arttypischen Verhaltensweisen, wie Picken, Scharren und Sandbaden im Substrat nachgehen? Das ist beim Schotter
schwierig. Strohpellets quellen stark und werden von den Tieren gerne angenommen und bearbeitet.

Im Rahmen des Projektes haben wir in fünf Herden auf drei Praxisbetrieben mit stationärer
Legehennenhaltung die Fußballengesundheit, die Endoparasitenbelastung und die Auslaufnutzung
untersucht. Vier der Herden hatten Zugang zu einem mit Strohpellets bestückten Nahbereich. In
den Herden mit Strohpellets wurde keine höhere Endoparasitenbelastung festgestellt im Vergleich
zu der Herde ohne Substrat. Gleiches gilt für Fußballenläsionen.

Freilandhaltung von Legehennen: Strohpellets im Auslauf nehmen die Hühner sehr gut an und können dort ihr natürliches Verhalten ausleben.
Strohpellets im Auslauf nehmen die Hühner sehr gut an und können dort ihr natürliches Verhalten ausleben. © Frauke Deerberg

Praxistipps: Wann und wie oft Substrat im Hühnerauslauf austauschen?

Wie oft sollte das Substrat ausgetauscht werden?
■ Derzeit gehen wir davon aus, dass das Material vor und nach der winterlichen Sickerwasserperiode ausgetauscht werden sollte, die von Oktober bis April dauert. Dann können die Nährstoffe aus
dem Nahbereich noch entzogen werden.

Aber auch hier gibt es weiteren Forschungsbedarf. Erhebungen in der Praxis haben gezeigt, dass es bei einer zu langen Liegedauer zu Nährstoffverlusten aus dem Substrat kommen kann. Wie lange „zu lange“ ist, hängt von dem jeweiligen Substrat und den Niederschlägen ab. Im untersuchten Fall waren es Strohpellets. Ihre Liegedauer betrug 374 Tage. Danach wurden das Substrat und die Herde ausgetauscht. Die gemessene Niederschlagsmenge lag bei 521 Millimetern.

Mehr zum Nährstoffmanagement in der Freilandhaltung von Legehennen

Das Projektteam um Frauke Deerberg steht am 18. und 19. Juni bei den Öko-Feldtagen 2025 im Zelt des Bundesprogramms Ökologischer Landbau (BÖL) allen Interessierten für weitere Fragen zum Nährstoffmanagement in der Freilandhaltung von Legehennen zur Verfügung.

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