Solar: So viel Pflanzenschutzmittel können Sie durch Agri-PV einsparen
Im Rahmen des Forschungsprojekts forscht eine Institution aus 13 Projektpartnern unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE an unterschiedlichen Agri-Photovoltaik (PV) Pilotanlagen. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass nicht nur die unter den Anlagen gebauten Kulturen von der teilweisen Verschattung profitieren, sondern auch die PV-Module dank der Kühlung durch die Pflanzen mehr Strom produzieren als vorab angenommen.
Von Amelie Siekmann
Im Fokus des Forschungsteams des ISE steht die Kombination von Kern- und Beerenobst mit unterschiedlich nachgeführten PV-Modulen. Diese Vorteile bietet die doppelte Nutzung einer Agrarfläche in Bezug auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Rekordzahlen beim Ausbau von Photovoltaik
„Zuletzt konnten wir Rekordzahlen beim Ausbau von Photovoltaik in Baden-Württemberg verzeichnen. Um die Energiewende erfolgreich zu meistern, müssen die Zahlen für Freiflächen-PV allerdings noch weiter an Fahrt aufnehmen. Die Flächen sind begrenzt. Der große Vorteil von Agri-PV ist, dass wir Raum doppelt nutzen können. Das bringt den Solar-Ausbau und somit die Energiewende weiter voran. Daher ist die Einweihung der Anlage in Nußbach als größte Agri-PV-Anlage im Obstbau in Deutschland ein wichtiges Zeichen.
Die ‚Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg‘ zeigt, dass PV-Einsatz und Landwirtschaft eine fruchtbare Symbiose eingehen können, ohne in einen Nutzungskonflikt um die Fläche zu treten“, sagte Staatssekretär Dr. Andre Baumann bei der Eröffnungsrede auf dem Obsthof Vollmer.
Durch Agri-PV-Anlage über Apfelbäumen wird Bewässerung reduziert
Bei der ersten Agri-PV-Anlage des Projekts über Apfelbäumen in Kressbronn am Bodensee wurden im Rahmen des Projekts bereits zwei Jahre lang Messungen durchgeführt. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass sich auf der Fläche unter der Agri-PV-Anlage 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel einsparen lassen. Auch der Bewässerungsbedarf konnte um 50 Prozent reduziert werden.
PV-Anlage produziert 20 Prozent mehr Strom, als erwartet wurde
Die Agri-PV-Anlage produziert über 20 Prozent mehr Strom, als die Forscher auf Basis der Simulationen erwartet hatte. Die genauen Gründe hierfür sind noch Gegenstand weiterer Untersuchungen. Das Forschungsteam vermutet, dass eine Kombination aus Verdunstungskühlung und Hinterlüftung den wichtigsten Beitrag für die erhöhten Stromerträge leistet. „Es profitieren nicht nur die Pflanzen von der PV-Anlage, sondern auch die PV-Anlage von den Pflanzen, wenn man die Agri-PV Anlage passend plant“, sagt Oliver Hörnle, Projektleiter am Fraunhofer ISE.
Kernstück des Projekts ist nachgeführtes PV-System
Die Agri-PV-Anlage in Oberkirch-Nussbach umfasst vier Teile. Neben dem Stromertrag aus fest montierten PV-Modulen über Kiwi, Birnen, Äpfeln und Zwetschgen mit vollverschattenden Modulen und einem an Folientunnel angelehnten System im Beerenbau mit semitransparenten Modulen, ist das Kernstück des Projekts ein nachgeführtes System mit vollverschattenden Modulen.
„Das Besondere an der nachgeführten PV-Anlage ist die Halbierung der 140 Meter langen Reihen“, stellte Landwirt und Unternehmer Dr. Hansjörg Vollmer das Projekt auf seinem Hof vor. „Die eine Hälfte der Reihen wird unter Einbezug von pflanzenphysiologischen Gesichtspunkten nachgeführt, die andere Hälfte rein nach sonnenoptimierten Parametern gesteuert.“
Ab Mitte 2024 werden Nachführ-Algorithmen erforscht
Die am Fraunhofer ISE entwickelten Nachführ-Algorithmen werden ab Mitte 2024 im Anlagensystem des Projektpartners Intech Clean Energy erprobt. Die agrarwissenschaftliche Begleitforschung übernimmt das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg. Gefördert wird das bis Ende 2024 laufende Forschungsvorhaben von den Landesministerien für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.
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